Südafrika: Proteste gegen Präsident Zuma nehmen zu
Korruption, Vetternwirtschaft und Realitätsverlust: Die Kritik an Südafrikas Präsident Jacob Zuma nimmt deutlich zu. Immer weniger glauben, dass er noch bis 2019 regieren kann.
Anfangs schien Jacob Zuma den lautstarken Protest der rund 20 linkspopulistischen Volksvertreter im Kapstädter Parlament noch amüsant zu finden. Lautstark und beharrlich protestierten diese am Donnerstag gegen die von Zuma veruntreuten und noch immer nicht zurückgezahlten Steuergelder. Der 72-Jährige setzte sein breites Grinsen auf, wie man es von ihm kennt und kicherte kräftig. Erst als die Protestler wie Fans bei einem Fußballspiel immer wieder laut „Zahl das Geld zurück“ skandierten, wurde es selbst Zuma zu bunt. Zusammen mit den übrigen Parlamentariern verließ er sichtlich genervt das Plenum und ließ die herbeigerufene Ordnungspolizei ihre Pflicht verrichten.
Es war bereits die zweite öffentliche Demütigung des Staatschefs von Südafrika binnen eines Jahres: Erst im Dezember war er auf der Trauerfeier für den Volkshelden Nelson Mandela von Teilen des Publikums vor den Augen der Welt gnadenlos ausgebuht worden. Die immer häufigeren Proteste zeigen wie dünn die Luft allmählich für Zuma wird – und wie unwahrscheinlich es ist, dass er seine gerade erst begonnene zweite Amtszeit bis 2019 auch ganz durchstehen wird. Zum Verhängnis könnte Zuma nun doch noch ein Untersuchungsbericht der mutigen Demokratiewächterin Thuli Madonsela werden. Darin wird minutiös belegt, dass Zuma und seine weitläufige Familie, darunter vier Ehefrauen, beim Ausbau seines Privatanwesens auf „unethische“ Weise massiv von Steuergeldern profitiert haben: Sagenhafte 246 Millionen Rand (18 Millionen Euro) sind demnach in den vergangenen fünf Jahren illegal in den Privatwohnsitz des Polygamisten in dem kleinen Zuludorf Nkandla geflossen, während drumherum 14000 Menschen in bitterster Armut leben.
Abstruse Erklärungsversuche
Aus dem früheren Wohnhaus Zumas sind inzwischen viele neue Behausungen für seine Verwandtschaft und das Sicherheitspersonal geworden. Der traditionelle Kraal wurde zu einem gigantischen Sicherheitstrakt umgebaut – mit Bunkern, Fluchtlichtmasten, Hochsicherheitszäunen und Hubschrauberlandeplatz. Merkwürdig mutet vor allem an, dass auch eine Rinderkoppel, ein Hühnerverschlag, ein Amphitheater und ein Besucherzentrum als „sicherheitsrelevant“ eingestuft wurden. In dem Versuch, die astronomisch hohen Ausgaben irgendwie zu rechtfertigen, wurde der neue Swimming Pool zum „Feuerlöschteich“ erklärt.
Gerade diese abstrusen Erklärungsversuche haben viele Menschen, so wie jetzt den linksradikalen Heißsporn Julius Malema und seine Anhänger im Parlament, nur noch mehr empört. Dabei wird Malema, einst ein enger Freund Zumas, selbst massiver Steuerhinterziehung von über einer Million Euro bezichtigt. „Ein Retter Südafrikas, als der er sich nun darstellt und von vielen auch gesehen wird, ist Malema gewiss nicht“, warnt Nic Borain, ein langjähriger Analyst und einer der besten Kenner des Landes.
Sämtliche Kontrollgremien versagten
Fassungslosigkeit hat unter Beobachtern vor allem das in dem Untersuchungsbericht enthüllte Versagen sämtlicher Kontrollgremien ausgelöst – von den zuständigen Ministerien bis zu den Sicherheitskräften. Dabei hatte eine Journalistin, die den Skandal vor ein paar Jahren aufdeckte, bei einem Besuch nur einmal kurz auf den Wohnkomplex in Nkandla schauen müssen, um zu sehen, dass hier etwas nicht stimmen konnte. Obwohl der Präsident selbst mitten auf der Baustelle lebt, beteuerte er noch im vergangenen Jahr vor dem Parlament, nichts von den Dimensionen bemerkt und sich deshalb auch nie in die Kontroverse um seinen Kraal eingemischt zu haben. „Nkandla-Gate“ ist unter den vielen Skandalen, die den ANC und vor allem Zuma plagen, längst zum Symbol für jenen unverfrorenen Machtmissbrauch geworden, für den die frühere Widerstandsbewegung im Allgemeinen und Zuma im Besonderen stehen.
Der Präsident scheint sämtliche Maßstäbe verloren zu haben: Im Juli wurde seine 25-jährige Tochter Thuthukile trotz fehlender Qualifikation zur Staatssekretärin im Ministerium für Telekommunikation gemacht – mit einem Jahresgehalt von 75000 Euro. Zuma hat auf die vielen Anwürfe bislang kaum reagiert und will auch die Kontroverse um Nkandla offenbar aussitzen. Immerhin ließ er nun wissen, nicht selbst über die von der Untersuchungskommission geforderte Teilrückzahlung der verbauten Gelder zu entscheiden. Dies überlasse er dem Polizeiminister. Da Zuma diesen gerade erst eigenhändig ernannt hat, wird der Minister kaum querschießen, wenn er nicht seine eigene Karriere gefährden will.
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