Wahl des UN-Generalsekretärs: Probeweise ganz vorn
Guterres gilt als Favorit auf den UN-Chefposten.
António Guterres kommt weder aus Osteuropa noch ist er eine Frau. Der frühere UN-Flüchtlingskommissar und portugiesische Premier hat dennoch bisher alle Probe-Abstimmungen zur Wahl des nächsten UN-Generalsekretärs im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen auf Platz eins beendet. Zu Beginn des Auswahlprozesses waren sich die UN-Beobachter ziemlich einig, dass nun Osteuropa am Zug sei, und es Zeit wäre, einmal eine Frau an die Spitze der Weltorganisation zu stellen – nach 71 Jahren.
Zumindest auf Platz zwei ist mit Danilo Türk ein Osteuropäer gelandet. Er stammt aus Slowenien. Doch die Vielzahl osteuropäischer Kandidaten hat ihre Chancen stark eingeschränkt. Es ist übrigens das erste Mal, dass die Welt zumindest weiß, wer überhaupt zur Wahl steht. Das ist dem gerade abgetretenen Präsidenten der UN-Generalversammlung Mogens Lykketoft zu verdanken. Der Däne hatte vor einem guten Jahr den Wahlprozess mit der Aufforderung eingeleitet, Bewerbungen abzugeben und sich Befragungen zu stellen. Bei beidem schnitt Guterres gut ab.
Am Montag entschied Guterres auch die fünfte Probeabstimmung im UN-Sicherheitsrat für sich. Diesmal landete der ehemalige serbische Außenminister Vuk Jeremic auf dem zweiten Platz. Und diesmal zog die Argentinierin Susana Malcorra, die bisher immer schwach abgeschnitten hatte, an der in den vier ersten Probeabstimmungen vorne liegenden Irina Bokowa vorbei.
Doch ob Guterres tatsächlich Chancen hat, UN-Generalsekretär zu werden und Ban Ki Moon Ende des Jahres abzulösen, wird er erst Anfang Oktober wissen. Dann werden für die sechste Probeabstimmung rote Karten an die fünf Ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats ausgegeben. Wer von den USA, Großbritannien, Frankreich, Russland oder China eine rote Karte kassiert, kann seine Kandidatur aufgeben. Denn diese fünf Staaten verfügen über ein Veto- Recht, das jeden Kandidaten aus dem Rennen kicken kann.
Ein UN-Generalsekretär mit einer Amtszeit?
Vor der nunmehr fünften Abstimmung haben sich Lakhdar Brahimi und Mary Robinson zu Wort gemeldet. Beide gehören den „Elders“ an, einer Gruppe von Diplomaten, die nicht mehr in der aktiven Politik tätig sind. Vor dem UN-Flüchtlingsgipfel besuchte Brahimi mit Kofi Annan gemeinsam Deutschland, um für mehr Rechte und Rücksicht auf Flüchtlinge zu werben. Sie plädieren dafür, dass der nächste UN-Generalsekretär nur für eine siebenjährige Amtszeit zur Verfügung steht. Um nicht stets eine zweite Amtszeit im Auge zu behalten und deshalb womöglich notwendige Konflikten mit den fünf Veto-Mächten im UN-Sicherheitsrat aus dem Weg zu gehen, sollten sie darauf verzichten, schreiben sie.
Auch Klaus Töpfer und Juan Somavia, die eine Expertenkommission zur Reform der UN geleitet haben, sind sich sicher: „Das UN-System muss sich fundamental ändern, um die Notwendigkeiten einer nachhaltigen Entwicklung erfüllen zu können.“ Sie hatten den Auftrag, Vorschläge zu machen, wie die UN dazu beitragen können, dass die 17 globalen Nachhaltigkeitsziele (SDGs) bis 2030 weltweit erreicht werden können.
Darauf hätte womöglich Helen Clark eine Antwort. Die Chefin des UN-Entwicklungsprogramms und frühere neuseeländische Premierministerin genießt in der Zivilgesellschaft den größten Rückhalt. Nicht aber im UN-Sicherheitsrat. Sie landete bei den bisherigen Probeabstimmungen auf dem sechsten Platz und hatte teilweise mehr Nein- als Ja-Stimmen. Irina Bokowa, Chefin der UN-Kulturorganisation Unesco, hat bisher am besten abgeschnitten. Sie landete bei den Probeabstimmungen auf Platz drei. Doch die Bulgarin dürfte fast sicher am Veto der USA und Großbritanniens scheitern, die ihr eine zu große Nähe zu Russland unterstellen. In UN-Kreisen heißt es, die US-Botschafterin Samantha Power „würde eher ihre Haare essen als Bokowa zu wählen“.
Nach der vierten Probeabstimmung hatte die costa-ricanische ehemalige Chefin des UN-Klimasekretariats, Christiana Figueres, das Handtuch geworfen, obwohl auch sie über beträchtliche Unterstützung in Nichtregierungsorganisationen weltweit hatte. Aber in der vierten Probeabstimmung sammelte sie mehr Nein- als Ja-Stimmen ein und zog sich zurück. Zwei weitere Kandidaten hatten schon vorher aufgegeben.
Da könnte Kristalina Georgiewa ins Spiel kommen. Die derzeitige Vize-Präsidentin der EU-Kommission aus Bulgarien wird seit Monaten als mögliche Kandidatin gehandelt. Vergangene Woche sagte sie: „Ich will von keinem anderen Land als nächste UN-Generalsekretärin vorgeschlagen werden als Bulgarien.“ Bulgariens Premier Bojko Borissow hat vor der UN-Generalversammlung seine Unterstützung für Bokowa unterstrichen. Allerdings sagte er auch, das gelte nur dann, wenn Bokowa bei der nächsten Probeabstimmung unter die ersten zwei komme. Doch auch Georgiewa hat einen Nachteil: Schon vor ihrem Eintritt ins Rennen hat Russland Bedenken angemeldet – und das Gerücht gestreut, Deutschland wolle sie durchdrücken. Der Ausgang bleibt also offen.
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