Weitere 1700 Festnahmen in Kasachstan: Präsident Tokajew lobt erfolgreiche Mission gegen Unruhen
Erstmals seit Beginn der Unruhen in Kasachstan besucht der Präsident Almaty. Tokajew kündigt einen schnellen Wiederaufbau an.
In der von Unruhen besonders betroffenen kasachischen Stadt Almaty sind knapp 1700 weitere Menschen festgenommen worden. Zuletzt schien sich die Lage in Kasachstan wieder zu stabilisieren. Der Präsident Kassym-Schomart Tokajew besucht zum ersten Mal seit den Zusammenstößen die Stadt Almaty.
Die Zahl der Festnahmen wurde landesweit zuletzt mit ungefähr 10.000 angegeben. Es handele sich um Plünderer und andere Verbrecher, berichteten kasachische Medien am Mittwoch unter Berufung auf die Stadtverwaltung in der Millionenmetropole im Südosten des zentralasiatischen Landes. Dutzende Menschen wurden getötet, hunderte weitere verletzt. Menschenrechtler mahnten, die autoritär geführte Ex-Sowjetrepublik müsse faire Prozesse gewährleisten.
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Präsident Tokajew traf Medienberichten zufolge in Almaty ein, wo er sich unter anderem mit Angehörigen von getöteten Sicherheitskräften treffen wollte. Er versprach am Mittwoch, die Schäden in der größten Stadt und Finanzmetropole des ölreichen Landes beheben zu lassen. „Die Aufgabe besteht nun darin, die Stadt so schnell wie möglich wieder aufzubauen“, sagte Tokajew am Vorabend des angekündigten Abzugs der von Russland geführten Truppen.
Der Präsident hatte angekündigt, dass am Donnerstag ein schrittweiser Abzug der OVKS-Friedenstruppen beginnen werde. Die Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS), in der neben Russland und Kasachstan vier weitere ehemalige Sowjetrepubliken verbündet sind, hatte nach den Massenprotesten in der vergangenen Woche auf Bitten Tokajews mehr als 2000 Soldaten nach Kasachstan entsandt.
Langsam kehrt der Alltag zurück
Tokajew lobte bei einem Treffen mit dem OVKS-Generalsekretär Stanislaw Sas den Einsatz. Die Streitkräfte hätten „eine sehr wichtige Rolle bei der Stabilisierung der Lage im Land gespielt“. Die Mission könne als erfolgreich angesehen werden. Bei dem Treffen seien die Formalitäten des Abzugs besprochen worden, erklärte das Präsidialamt.
In Almaty kehrt derweil langsam wieder Alltag ein: Am Mittwoch waren viel mehr Menschen auf den Straßen als in der vergangenen Woche, die meisten Restaurants und Geschäfte waren geöffnet. Der Flugverkehr am Flughafen soll am Donnerstag wieder aufgenommen werden.
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Auslöser der massiven Proteste in der rohstoffreichen Ex-Sowjetrepublik vergangene Woche waren gestiegene Gaspreise. Später weiteten sich die Proteste zu regierungskritischen Demonstrationen und gewaltsamen Ausschreitungen im ganzen Land aus. Präsident Tokajew sprach von einem versuchten „Staatsstreich“, der auch aus dem Ausland gesteuert gewesen sei. Er setzte eine neue Regierung ein und ließ das Militär gegen Demonstranten vorgehen.
Experten gehen davon aus, dass der Präsident die Krise auch dafür nutzte, um seinen Vorgänger, den einflussreichen Ex-Langzeit-Präsidenten Nursultan Nasarbajew, zu entmachten. Weiter unklar ist aber, wer die bewaffneten Randalierer waren, die insbesondere in Almaty Verwaltungsgebäude und Polizeidienststellen stürmten. Tokajew sprach mehrfach von „Terroristen“. (dpa, AFP)