Referendum in Bolivien: Präsident Morales will weiterregieren - bis 2025
Evo Morales regiert Bolivien seit zehn Jahren. 2019 will der frühere Kokabauer wieder antreten – mit einem Referendum soll die Verfassung geändert werden.
Zehn Jahre an der Macht – dieses Jubiläum hat Boliviens Präsident Evo Morales vor wenigen Wochen groß gefeiert. Der 56-Jährige ist bereits jetzt der am längsten amtierende Präsident des Andenstaates und will noch bis 2025 weiterregieren. Er strebt eine vierte Amtszeit an. Dafür muss aber die Verfassung geändert werden. Rund 6,5 Millionen Wahlberechtigte konnten am Sonntag darüber abstimmen, ob Morales 2019 ein weiteres Mal antreten darf.
Der Ausgang des Referendums ist jedoch ungewiss. Korruptionsvorwürfe, die wenige Tage vor der Abstimmung ans Licht kamen, bringen den Präsidenten in Bedrängnis. Morales’ Expartnerin hat einen Führungsposten in einer chinesischen Firma inne, die Verträge in Höhe von mehr als 500 Millionen Dollar mit der Regierung abgeschlossen hat.
Vetternwirtschaft lautet der Vorwurf. Morales weist die Anschuldigungen energisch zurück und spricht von einer Schmutzkampagne. Er wirft den USA vor, eine Verschwörung gegen ihn geplant zu haben. „Wir haben nichts zu verbergen“, betonte er mehrfach und beauftragte sowohl den Rechnungshof als auch das Parlament mit einer Untersuchung.
Bisher hatte Morales eine Mehrheit hinter sich
Der Fall erschüttere das Vertrauen in den Präsidenten, sagt der Soziologe und politische Analyst Jorge Komadina. Es sei das erste Mal, dass stichhaltige Korruptionsvorwürfe Morales direkt treffen. Bisher standen nur Parteifreunde im Verdacht der Veruntreuung. Laut einer Umfrage der regierungskritischen Zeitung „Página Siete“ hat dies auch Auswirkungen auf das Wahlverhalten. Demnach lehnen 47 Prozent eine Verfassungsänderung ab, 28 Prozent sind dafür. Vor wenigen Wochen lag die Zustimmung noch bei 33 Prozent, die Ablehnung bei 40 Prozent. Andere Meinungsforschungsinstitute sagen einen Patt zwischen Befürwortern und Gegnern voraus.
Bisher hatte der frühere Kokabauer die Mehrheiten sicher. Bei den Präsidentschaftswahlen 2009 und 2014 wurde er jeweils mit absoluter Mehrheit wiedergewählt. Als erster indianischer Präsident Boliviens hat er den Ureinwohnern eine Stimme gegeben, ihre Rechte in der Verfassung festgeschrieben.
Rund zwei Drittel der Bevölkerung haben indianische Wurzeln. Und seit Morales’ Amtsantritt 2006 hat der Andenstaat, der als ärmstes Land Südamerikas gilt, einen ökonomischen Aufschwung erlebt. Gleich zu Beginn seiner Regierungszeit verstaatlichte der Präsident die Öl- und Gasindustrie und finanzierte mit den Einnahmen Sozialprogramme. Die Wirtschaft wuchs konstant um rund fünf Prozent, die extreme Armut sank um rund ein Drittel.
Der Präsident sagt, ein Nein werde er akzeptieren
Morales verspricht, politische und wirtschaftliche Stabilität bis 2025 zu garantieren. Doch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen haben sich geändert. Mit dem Einbruch der Rohstoffpreise stehe Bolivien nun vor der Herausforderung, seine Wirtschaftspolitik anzupassen, urteilt der Internationale Währungsfonds (IWF) in seiner Prognose für 2016.
Bereits 2014 hatte Morales die gesetzliche Grundlage dafür geschaffen, dass er trotz der in der Verfassung festgeschriebenen Beschränkung auf zwei Amtszeiten ein drittes Mal antreten konnte. Nun ist eine weitere Verfassungsänderung geplant. Sollte er mit seinem Vorhaben scheitern, hat Morales angekündigt, das Nein zu akzeptieren und 2019 einen neuen Kandidaten zu präsentieren. epd