Türkei: Präsident Erdogan stoppt den Friedensprozess mit den Kurden
Es gab so viele hoffnungsvolle Zeichen in den vergangenen Jahren - doch nun fällt der türkische Präsident Erdogan in die Konfrontation mit den Kurden zurück: Er beendet den Verhandlungskurs.
Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hat den Friedensprozess mit den Kurden für beendet erklärt. „Es ist nicht möglich einen Lösungsprozess fortzuführen mit denjenigen, die die Einheit und Integrität der Türkei untergraben“, sagte er am Dienstag nach Angaben der Nachrichtenagentur Anadolu.
Hintergrund ist der Konflikt mit der kurdischen Arbeiterpartei PKK, der sich in den vergangenen Tagen zugespitzt hat. Nach dem Selbstmordanschlag in Suruc mit 32 Toten vergangene Woche, den die Türkei der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) anlastete, tötete die PKK zwei Polizisten als „Vergeltung“. Sie warf den Beamten Kollaboration mit dem IS vor.
Nach Luftangriffen der Türkei auf den IS in Syrien, aber auch auf das PKK-Hauptquartier in den nordirakischen Kandil-Bergen, erklärte die PKK den seit 2013 bestehenden Waffenstillstand für beendet. Es folgten mehrere Anschläge auf Sicherheitskräfte, bei denen zwei Soldaten und ein Mitglied der Gendarmerie starben.
Erdogan sagte weiter, er sei gegen einen Verbot der pro-kurdischen Oppositionspartei HDP, es könne jedoch gegen einzelne Parteimitglieder vorgegangen werden, die Verbindungen zu Extremisten hätten. Die HDP hatte bei den Parlamentswahlen am 7. Juni zum ersten Mal die Zehn-Prozent-Hürde überwunden. Eine neue Regierung wurde noch nicht gebildet.
Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat sich in einem Telefonat mit ihrem türkischen Kollegen Vecdi Gönül besorgt über die türkischen Luftschläge gegen die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK geäußert. "Ich habe eindringlich darauf hingewiesen, dass die Verhältnismäßigkeit in diesem Prozess unbedingt gewahrt sein muss und dass der Versöhnungsprozess mit den Kurden innerhalb der Türkei nicht gestört oder aufgekündigt werden darf", sagte von der Leyen am Dienstag in der malischen Hauptstadt Bamako vor Journalisten. Auf die Äußerung von Erdogan zum Ende des Friedensprozesses ging sie nicht ein. Von der Leyen machte deutlich, dass der Einsatz der Bundeswehr im Süden der Türkei angesichts der neuen Lage nun "sehr sorgfältig" beobachtet werde. Die Sicherheit der Soldaten müsse absolute Priorität haben, sagte sie. Die Bundeswehr hatte vor zweieinhalb Jahren auf Wunsch der Türkei Patriot-Raketenabwehrstaffeln 100 Kilometer von der syrischen Grenze entfernt stationiert. Sie sollen den Nato-Partner vor Luftangriffen aus Syrien schützen. Das Mandat für den Einsatz läuft Ende Januar aus.
Während der Kampf gegen den IS von den Nato-Partnern begrüßt wird, kritisieren die europäischen Verbündeten das Vorgehen gegen die Kurden als Gefahr für den Friedensprozess mit der Kurdischen Arbeiterpartei PKK. Seit Dienstagvormittag verhandeln in Brüssel die Botschafter der Nato-Staaten auf Antrag der Türkei über die Situation und die Bedrohungen in dem Land. (dpa, Reuters)