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FDP-Chef Christian Lindner will seinen Personalvorschlag über einen Übergangs-Ministerpräsidenten nur beispielhaft gemeint haben.
© Felix Zahn imago images/photothek

Übergangs-Regierungschef in Thüringen?: Präsident des Verfassungsgerichtshofs nennt Lindners Vorgehen „unprofessionell“

Der FDP-Chef hatte einen Vorschlag für die Ministerpräsidenten-Wahl in Thüringen. Doch den Genannten hatte der FDP-Chef gar nicht gefragt.

Die konkrete Idee von FDP-Bundeschef Christian Lindner für einen Übergangs-Ministerpräsidenten in Thüringen hat offenbar keine reellen Chancen. „Das steht in Thüringen nicht zur Debatte“, sagte der Präsident des Thüringischen Verfassungsgerichtshof, Stefan Kaufmann, am Mittwoch auf die Frage, ob er bereit sei zu einer Kandidatur für das Amt.

Lindner hatte Kaufmann am Dienstag im Gespräch mit dem Tagesspiegel ins Gespräch gebracht. Sein Ziel: die Wahl des Linken-Politikers Bodo Ramelow zu verhindern, der von 2014 bis zu seiner spektakulären Abwahl am 5. Februar im Amt war. Der FDP-Chef sagte: „Bereits am Wochenende habe ich den Vorschlag ins Spiel gebracht, übergangsweise eine unabhängige Person zum Ministerpräsidenten wählen. Dies könnte analog zum Modell Österreich zum Beispiel der Präsident des Landesverfassungsgerichts sein.“

Doch der FDP-Vorsitzende hat Kaufmann nicht gefragt, als er darüber sprach, wie er inzwischen selbst zugibt. Das wiederum kritisiert der in deutlichen Worten: „Es ist unprofessionell, einen Namen zu nennen, ohne die Person zu fragen“, sagte Kaufmann dem Tagesspiegel. Zunächst hatte der Jurist den Vorgang nicht kommentieren wollen.

Lindner rudert auf Twitter zurück

Auf Twitter ruderte Lindner zurück. Er habe nicht Kaufmann als Person „als Übergangs-MP vorgeschlagen, sondern eine unabhängige Persönlichkeit wie zum Beispiel den Präsidenten des Verfassungsgerichts nach Modell Wien“. Nach dem Zerbrechen der ÖVP/FPÖ-Koalition in Österreich war für den Übergang bis zu Neuwahlen und der Wiederwahl von Kanzler Sebastian Kurz eine Expertenregierung eingesetzt worden, an der Spitze stand als Kanzlerin die bisherige Präsidentin des Verfassungsgerichts, Brigitte Bierlein.

Die Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich mit den Stimmen auch von AfD und CDU am Mittwoch vergangener Woche hatte auch die FDP schwer in die Bredouille gebracht. Nach Angaben Kemmerichs hatte Lindner ihm zunächst zur Wahl gratuliert. Später ging die FDP auf Distanz zur Wahl eines Regierungschefs von AfD-Gnaden. Kemmerich ist inzwischen zurückgetreten und nur noch übergangsweise im Amt.

Aus Lindners Sicht könnten mit der Wahl eines neuen unabhängigen Übergangs-Ministerpräsidenten schnell Neuwahlen herbeigeführt werden, um die Situation in Thüringen zu beruhigen. Zuvor hatte bereits CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer SPD und Grüne in Thüringen aufgefordert, eigene Vorschläge für einen Konsenskandidaten zu machen, „der das Land nicht spaltet, sondern das Land eint“.

Auch die Ministerpräsidenten Sachsens und des Saarlands, Michael Kretschmer und Tobias Hans (beide CDU), bekräftigten die Forderung nach einem Konsenskandidaten abseits des Linken Ramelow.

Linke, SPD und Grüne wollen Ramelow

Linke, SPD und Grüne in Thüringen sind dagegen skeptisch, was diesen Vorschlag angeht. FDP und CDU müssten „ihr Dilemma selbst klären und nicht weiter versuchen, sich aus ihrer Verantwortung herauszuwinden“, sagt die Linken-Vorsitzende Susanne Hennig-Wellsow. SPD-Landeschef Wolfgang Tiefensee betont: „Ich unterstütze die Wahl des Abgeordneten Ramelow zum Ministerpräsidenten.“

Dirk Adams, Fraktionschef der Grünen im Erfurter Landtag, sagte dem Tagesspiegel: „Thüringen braucht klare Verhältnisse - eine handlungsfähige Regierung! Am ehesten erreichen wir das mit dem bisherigen rot-rot-grünen Ministerpräsidenten.“ In der vergangenen Woche sei deutlich geworden, wie wenig vernünftig und wie handlungsunfähig ein Ministerpräsident der kleinsten Fraktion sei. Das würde auch nicht besser, wenn nun die Grünen als zweitkleinste Fraktion einen Vorschlag zur Wahl des Ministerpräsidenten machen würden.

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