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Im Gericht schwieg sie, für das Fernsehen redet sie. Das Model Gina-Lisa Lohfink in Aktion nach ihrer Verurteilung.
© Kay Nietfeld/dpa

Urteil im Fall Gina-Lisa Lohfink: Politiker haben den Prozess benutzt

Wie Politiker das Verfahren gegen Lohfink gebrauchten, um eigene Ziele zu propagieren, ist beispiellos. Sie haben damit der Demokratie geschadet. Ein Kommentar.

Nach dem Urteil gegen Gina-Lisa Lohfink steht zumindest dies fest: In Deutschland werden mit Leidenschaft Geschlechterrollen verhandelt. Deshalb gibt es auch keinen Grund, sich über die Frauenrechtlerin Alice Schwarzer aufzuregen, die das Urteil als „Skandal“ empfindet. Frau Schwarzer geht es notorisch um ihre Geschlechterfragen. Sie dürfte schockiert sein von der Art der Sexualität, die Lohfink sich und ihren beiden Partnern gestattet hat. Von dem Strafprozess, der mit dem Namen des TV-Models verbunden ist, hat sie dagegen keine Ahnung und beansprucht diese auch nicht.

Mit billigen Effekten die für das eigene Anliegen günstigen Klischees zu produzieren, steht unter dem weiten Schutz der Meinungsfreiheit. Sie gilt auch für Politiker. Politiker haben jedoch eine andere Verantwortung als Journalisten, zu denen Schwarzer sich immer noch zählt. Auch eine andere als Blogger, Netztrolle, Busen-Aktivistinnen oder Twitterkunden, die im Hashtagfieber dem „teamginalisa“ ihre Solidarität bekunden.

Die Justiz hat eine Sonderrolle

Politiker sind, jedenfalls soweit sie Amt und/oder Mandat innehaben, Teil der Staatsgewalt. Das schreibt ihnen eine andere Rolle zu als den Bürgern, die ihr unterworfen sind. Sie haben die Institutionen der Demokratie zu schützen, zu denen sie selbst gehören.

Das schließt Kritik und Meinungskampf nicht aus. Im Gegenteil, sie festigen das Gefüge. Wenn sich die gesetzgebende Gewalt auf Kosten der Exekutive profiliert, wie es namentlich das Verhältnis von Opposition und Regierung bestimmt, dann erweisen sich darin Nutzen und Effektivität demokratischer Kontrolle.

Wie aber ist es mit der dritten Gewalt, der Judikative? Sie hat eine Sonderrolle. Ihr ist – abschließend – die Auslegung von Gesetzen anvertraut. Sie befriedet Konflikte. Nach außen versteckt sie sich hinter dicken Mauern und schwarzen Roben. Aber im Inneren ist sie ein fragiles System, das vom Vertrauen der Bürger lebt, die ihre Entscheidungen akzeptieren sollen.

Politiker sollten deshalb besonders umsichtig sein, wenn sie die Justiz in ihre Schlachten einbinden möchten. Klassische Urteilskritik etwa erscheint selten angebracht. Schließlich sind es die Politiker, die die Gesetze ändern könnten, über welche die Justiz dann wiederum befinden müsste. Mit ihrer Kritik würden sie letztlich nur auf sich selbst verweisen.

Kein Musterfall für die Notwendigkeit neuer Gesetze

Ähnliches gilt für Äußerungen zu laufenden Verfahren. Zurückhaltung, lautet die Devise. Bisher. Wie verschiedene Politiker – darunter die Minister Maas und Schwesig und die Abgeordnete Dörner – das Verfahren gegen Lohfink gebrauchten, um die von ihnen unterstützte Reform des Sexualstrafrechts zu propagieren, ist beispiellos. Lohfink hat, nach den Feststellungen im Urteil, gerade nicht „nein“ zum Sex gesagt. Sie wollte ihn. Sie ist nicht der Musterfall für die Notwendigkeit neuer Gesetze.

Erst wenn das Urteil rechtskräftig ist, wird der Fall zum Politikum. Er ist dann einer der wenigen, in denen eine Frau bestraft wird, weil sie einen Sexualpartner falsch beschuldigt hat. In Zeiten von „nein heißt nein“ eine umso wichtigere Botschaft. Dass sie die Schwarzers dieser Welt nicht erreichen wird, nimmt ihr nicht den Wert.

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