Nach dem Erdogan-Besuch: Politiker fordern Kurswechsel bei Islamverband Ditib
Die Zentralmoschee in Köln ist eingeweiht, der türkische Präsident Erdogan ist weg. Nach seinem Besuch gibt es Streit mit dem türkischen Religionsverband Ditib.
Nach dem Besuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan fordern Politiker von der Islam-Organisation Ditib, ihre politische Rolle aufzugeben und sich in Deutschland auf religiöse Aufgaben zu konzentrieren. Erdogan hatte am Samstag in Köln an der Einweihung der Zentralmoschee des von Ankara gelenkten Religionsverbands teilgenommen, Vertreter der deutschen Öffentlichkeit waren ferngeblieben.
Ditib müsse „seine Arbeit jetzt zügig umstellen“, verlangte der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Mathias Middelberg (CDU), in der „Welt“. „Wer nicht als Religionsorganisation handelt, sondern als politischer Arm eines autokratischen Staatspräsidenten und unter wessen Dach Oppositionelle und Kritiker Erdogans bespitzelt werden, kann künftig kaum unser Kooperationspartner sein.“
Middelbergs SPD-Kollege Burkhard Lischka sagte, mit solchen Vorgehensweisen „verschärft der Verband in seiner heutigen Ausprägung Spannungen in unserer türkischstämmigen Bevölkerung und erweist allen Integrationsbemühungen einen Bärendienst“.
Medienberichten zufolge prüft das Bundesamt für Verfassungsschutz bereits, ob die Ditib-Zentrale in Köln geheimdienstlich beobachtet werden muss. Nach Middelbergs Einschätzung allerdings könnten „die rechtlichen Voraussetzungen für eine Beobachtung von Ditib durch den Verfassungsschutz noch nicht erfüllt sein“.
Die ehemalige Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz, gab ihrer Sorge Ausdruck, dass nicht über Alternativen zu Ditib nachgedacht werde. Deutschland habe „nichts aufgebaut und sich ein Stück weit darauf ausgeruht, das die Türkeistämmigen und auch die anderen Muslime das schon selbst machen“, sagte die SPD-Bundestagsabgeordnete der „Welt“. Man müsse aber „denjenigen, die vor Jahrzehnten aus der Türkei gekommen sind, eine religiöse Heimstätte bieten“, sonst schaffe man neue Konflikte.
Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker war der Moscheeeinweihung ferngeblieben, weil ihr nach eigenen Angaben zunächst eine Rede verweigert und dann erst am Vorabend zugesagt worden war. Ditib müsse sich „jedenfalls bewegen, sie muss mitarbeiten“, sagte sie dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Vielleicht ist das nach all der enttäuschenden Entwicklung aber auch ein Wendepunkt. Und der könnte dann der Beginn eines neuen Dialogs sein.“
Erdogan hatte Deutschland von Donnerstagabend bis Samstag besucht. Seine Gespräche mit Kanzlerin Angela Merkel und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatten einer Wiederannäherung nach jahrelangen Spannungen dienen sollen. Er war aber mit harscher Kritik an mangelnder Rechtsstaatlichkeit und Pressefreiheit konfrontiert worden. (dpa)