Der türkische Präsident in Deutschland: Erdogans Staatsbesuch und die Folgen
Es war richtig, den schwierigen Gast Erdogan einzuladen. Denn gedeihliche Beziehungen der Länder sind alternativlos. Die Grundlagen sind gelegt. Ein Kommentar.
Die Absperrgitter sind abgeräumt, der rote Teppich ist eingerollt und Recep Tayyip Erdogan wieder in seiner Heimat gelandet. Drei Tage lang hat Deutschland einen Staatsbesuch erlebt, voller politischer Brisanz und Emotionalität. Das war kein Treffen unter Nachbarn. Zumindest die öffentliche Wahrnehmung prägten Konfrontation, Wut und Unverständnis. Auf beiden Seiten. Nun ist es vorbei, und es bleibt die Frage nach den Folgen. Wie soll es jetzt weitergehen?
Dieser Staatsbesuch war ein Anfang, und als solcher sollte er schon als Wert an sich verstanden werden. Erdogan mag nach westeuropäischen Standards ein Autokrat sein, ein Herrscher jenseits demokratischer Werte, ein unberechenbarer Despot. Aber er regiert ein Volk von Nachbarn, findet nicht nur in Ankara und Istanbul Gehör, sondern auch in deutschen Wohnvierteln. Deutsche und Türken verbindet eine lange Geschichte.
Für verantwortungsvolle Politik folgt daraus der Auftrag, die Beziehung der beiden Länder gedeihlich zu gestalten. Weshalb es richtig war, den schwierigen Gast nach Monaten der Eiszeit einzuladen und mit allen diplomatisch üblichen Ehren zu empfangen. Wer viel erreichen will, muss seinem Gesprächspartnern den Auftritt auf Augenhöhe ermöglichen. Der Bundespräsident, die Kanzlerin und Cem Özdemir haben das verstanden und auf die für jeden von ihnen gebotene Weise zum Ausdruck gebracht.
Was bleiben wird sind aber auch die Bilder aus Köln
Sie traten Erdogan gegenüber, sprachen ihre Anliegen deutlich aus und nahmen damit die Chance auf Veränderung wahr. Und darum geht es doch am Ende: Mit der Türkei einen Partner zu binden, der Werte von Menschenwürde und Rechtsstaatlichkeit und das Ziel teilt, für Frieden einzutreten. Mag der Weg dahin auch noch so steinig und voller Rückschläge sein.
Erdogan kam mit dem Wunsch nach besseren Beziehungen, mit der Bitte um wirtschaftliche Hilfe. Seine Gastgeber haben unmissverständlich Meinungsfreiheit und zuallererst die Freilassung Unschuldiger angemahnt. Und auch, wenn Erdogan selbst das nicht verstanden haben sollte, in Teilen der türkischen Gesellschaft wird diese Botschaft gern gehört. Dahinter kommt niemand mehr zurück. Und auch für die in Berlin vereinbarten Wirtschaftsgespräche sind damit die Grundlagen gelegt.
Eine ökonomisch stabile Türkei ist im Interesse Deutschlands und Europas. Aber der Deal hat zwei Seiten. Auch außenpolitisch, in der Zusammenarbeit mit dem Nato-Partner, ist ein Kanal geöffnet. Dass ausgerechnet Erdogan und Merkel in Berlin einen Syriengipfel mit Paris und Moskau vereinbart haben, ist ein wichtiges Zeichen der Gesprächsbereitschaft und kann einen Weg zur Lösung der festgefahrenen Krise im Osten Europas aufzeigen.
Bleiben von diesem Staatsbesuch werden aber auch die Bilder der Kölner Moschee. Sie sollte ein Ort der Offenheit werden, nun steht sie für einen ausgrenzenden Ditib-Islam und jene Tausende hier lebende Türken, die Erdogan huldigten. Die bessere Integration der hier lebenden Türken und die Stärkung der Muslime, die ihre Religion in Deutschland frei und zugleich grundgesetzkonform ausüben wollen: Auch das folgt aus diesen Staatsbesuch.