Nach Gerichtsbeschluss: Politiker forden Auskunft vom Verfassungsschutz zu Maaßens AfD-Kontakten
Grüne wollen "größtmögliches Maß an Transparenz", SPD sieht ein "bemerkenswertes Urteil" - Bedeutung könnte es auch für vertrauliche Presse-Gespräche bekommen.
Nach dem Gerichtsbeschluss zur Auskunftspflicht des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV) über AfD-Kontakte des früheren Behördenchefs Hans-Georg Maaßen fordern Abgeordnete, die verlangten Informationen rasch offen zu legen. „Ein bemerkenswertes Urteil. Wenn es Bestand hat, werden auch endlich die Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums erfahren, was der ehemalige Präsident des Amtes mit der AfD zu bereden hatte“, sagte der SPD-Abgeordnete Burkhard Lischka, der selbst Mitglied des Gremiums ist.
Wie berichtet, hat das Verwaltungsgericht Köln nach einem Eilantrag des Tagesspiegels entschieden, Einzelheiten zu Treffen Maaßens unter anderem mit Parteichef Alexander Gauland sowie der früheren Bundessprecherin Frauke Petry offen zu legen (Az.: 6 L 1932/18). Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig, das BfV kann noch Beschwerde einlegen. Dem mittlerweile entlassenen Maaßen war Nähe zur AfD vorgeworfen worden, was dieser mit Hinweis auf seine CDU-Mitgliedschaft bestreitet.
FDP verteidigt die Praxis: Vertrauliche Zusammenkünfte muss es geben
Sollte der Beschluss rechtskräftig werden, steht die langjährige Praxis des BfV zu „vertraulichen“ Treffen mit Politikern in Frage. „Es bedarf in einem demokratischen Rechtsstaat eines größtmöglichen Maßes an Transparenz“, sagt Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz. Deshalb müsse ein ausnahmsweise bestehendes Geheimhaltungsbedürfnis auch genau und besonders begründet werden. „Das BfV sollte vor dem Hintergrund des erheblichen Vertrauensverlustes, den das Amt in den letzten Monaten und Jahren erlitten hat, hier einen hohen Maßstab anlegen und das geheimstaatliche Grundverständnis der eigenen Behörde überdenken.“
FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae verteidigte die Praxis dagegen: Die Möglichkeit zu einem vertraulichen Gespräch, in dem es nicht um geheime Inhalte gehe, müsse jedem Bürger und auch jedem Abgeordneten offenstehen. „In einer freiheitlichen Demokratie müssen wir es ertragen, dass diese Möglichkeit auch von Mitgliedern der AfD in Anspruch genommen werden kann“, sagte Thomae. „Wenn auf die Zusicherung vertraulicher Behandlung von Gesprächsinhalten kein Verlass mehr ist, ist die Konsequenz, dass sich Bürger und Parlamentarier nicht mehr vertrauensvoll an eine Behörde wenden können.“ Die AfD verzichtete auf eine Stellungnahme, da sie sich von dem Gerichtsbeschluss nicht unmittelbar betroffen sieht.
Außerhalb operativer Tätigkeit kann es nichts Geheimes geben
Maaßen hatte sich mit mehr als 200 Politikern auf Bundes- und Landesebene getroffen – Angaben des BfV zufolge, um Vertrauen und Transparenz für die Arbeit des Verfassungsschutzes zu schaffen. Nähere Auskünfte zu Treffen unter anderem mit Petry und Gauland wurden dennoch abgelehnt, weil dafür Vertraulichkeit verabredet worden sei.
Dies ließen die Verwaltungsrichter jetzt nicht gelten. Grundsätzlich müsse die Öffentlichkeit erfahren dürfen, welche Gespräche BfV-Präsidenten außerhalb operativer Tätigkeiten für das Amt führen. Unterredungen außerhalb des Parlamentarischen Kontrollgremiums könnten nicht geheimhaltungsbedürftig sein, weil sie gar keine Geheimnisse zum Gegenstand haben dürften, lautet die Argumentation. Zwar könne es im Einzelfall zulässig sein, Informationen der Öffentlichkeit vorzuenthalten – aber nur, wenn dies im Einzelnen begründet werden kann. Eine pauschale Berufung auf „Vertraulichkeit“ genüge dafür nicht.
Beschluss bezieht sich auch auf vertrauliche Runden mit Journalisten
Sollte es bei dieser Rechtsansicht bleiben, könnte auch eine andere Kommunikationspraxis betroffen sein, die nicht nur im BfV gepflegt wird, die „Hintergrundgespräche“ mit ausgewählten Journalisten, für die ebenfalls Vertraulichkeit, also Geheimhaltung verabredet wird. Der Gerichtsbeschluss nimmt darauf ausdrücklich Bezug, indem er erwähnt, dass BfV-Mitarbeiter einschließlich des Präsidenten „mit Abgeordneten, Journalisten oder sonstigen Gesprächspartnern“ nur über Inhalte sprechen dürften, die nicht geheimhaltungsbedürftig sind.
Mit Hinweis auf eine pauschal verabredete Vertraulichkeit verweigern unter anderem auch Bundesnachrichtendienst und Bundeskanzleramt Angaben zu ihren „Hintergrundgesprächen“ mit der Presse. Vor dem Bundesverwaltungsgericht wie vor dem Berliner Verwaltungsgericht sind hierzu Klagen des Tagessspiegels anhängig, die Transparenz in dieser Form selektiver staatlicher Informationsarbeit bringen sollen. Die SPD bereitet derzeit einen Entwurf für ein Presse-Auskunftsgesetz vor, in dem die Gleichbehandlung von Pressevertretern betont werden soll. Damit könnten in bisher exklusiven „Hintergrundgesprächen“ verteilte Informationen auch für Außenstehende zugänglich werden.
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