Nach EuGH-Entscheidung: Polens Gerichtschefin ruft zwangspensionierte Richter in den Dienst
In einer Eil-Entscheidung hatte der Europäische Gerichtshof Polen angewiesen, die umstrittene Justizreform rückgängig zu machen.
Nach der Eilentscheidung des Europäischen Gerichtshofs gegen Polen ruft Warschaus oberste Gerichtspräsidentin Malgorzata Gersdorf zwangspensionierte Richter zurück in den Dienst. Alle betroffenen Juristen seien aufgefordert, ihren richterlichen Dienst aufzunehmen, forderte Gersdorf in einem vom Gericht veröffentlichten Schreiben. Einige der Richter erschienen am Montag tatsächlich im Gericht, wie Gerichtssprecher Michal Laskowski mitteilte.
Der EuGH hatte Polen am Freitag in einer einstweiligen Anordnung angewiesen, die umstrittene Zwangspensionierung von Richtern am Obersten Gericht sofort zu stoppen und rückgängig zu machen. Ob und wie die polnische Regierung dies umsetzt, war am Montag noch offen. Die Anordnung richtet sich gegen ein Gesetz, mit dem das Pensionsalter für Richter am Obersten Gericht von 70 auf 65 Jahre gesenkt wird. Dies nutzte die politische Führung seit Anfang Juli dazu, mehr als 23 Richter in den Ruhestand zu schicken.
Geklagt hatte die EU-Kommission
Geklagt hatte die EU-Kommission, die sich nach der Eilentscheidung inhaltlich bestätigt sieht. „Das Gericht stützt die Sicht der Kommission, dass das neue Gesetz nicht mit EU-Recht vereinbar ist, weil es die Prinzipien der Unabhängigkeit der Justiz untergräbt“, sagte ein Sprecher in Brüssel.
Kontakte zwischen Brüssel und Warschau in der Sache habe es seiner Kenntnis nach übers Wochenende nicht gegeben. Doch fügte der Sprecher hinzu: „Die Kommission ist bereit, den Rechtsstaatsdialog fortzusetzen.“ Dies sei der bevorzugte Weg, „um die systemische Bedrohung der Rechtsstaatlichkeit in Polen zu lösen“. Die Kommission streitet seit Anfang 2016 mit der rechtskonservativen Regierung in Warschau über deren Umbau der Justiz. (dpa)