Bis zu 1000 Euro für „besonders belastete“ Angestellte: Pflegekräfte in Krankenhäusern bekommen doch Corona-Prämie
Wegen besonderer Belastung während der Pandemie sollen Pflegekräfte nun doch eine Sonderzahlung erhalten. Eine „Minimallösung“, kritisiert Verdi.
Nach langem Hin und Her soll es nun doch eine Corona-Prämie auch für Pflegekräfte in Krankenhäusern geben. Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) und die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) einigten sich auf ein Konzept, wonach bis zu 1000 Euro "an durch die Versorgung von Covid-19-Patienten besonders belastete Pflegekräfte" fließen sollen, wie sie am Donnerstag mitteilten. Insgesamt würden 100 Millionen Euro bereitgestellt.
Das Geld soll aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds kommen, der im Wesentlichen aus Beitragsmitteln der gesetzlich Krankenversicherten finanziert wird. Eine "gesonderte Beteiligung" der privaten Krankenversicherungen werde erwartet, erklärten GKV und DKG. "Ebenfalls appellieren GKV-Spitzenverband und DKG an die Bundesländer, eine aufstockende Finanzierung zur Erhöhung der Prämie um 500 Euro zu leisten."
Wer genau die Prämie bekommt, hängt von mehreren Faktoren ab. Das Geld wird den Angaben zufolge zunächst den Krankenhäusern zugewiesen, die bis Ende September eine bestimmte Mindestzahl von Covid-19-Fällen vorweisen.
Die Auswahl der Pflegekräfte und "die Definition der individuellen Prämienhöhe" obliegt demnach dem jeweiligen Träger des Krankenhauses "in Abstimmung mit der Mitarbeitendenvertretung". In "begründeten Ausnahmefällen" könne die Prämie auch an andere Mitarbeiter, etwa in der Notaufnahme, gezahlt werden.
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"Mit diesem Konzept wird der Weg freigemacht, an bis zu 100.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter insbesondere in der hochbelasteten Pflege eine Anerkennungsprämie zu leisten", erklärte DKG-Hauptgeschäftsführer Georg Baum. Die Prämie solle als einmalige Sonderleistung steuer- und sozialversicherungsabgabenfrei erfolgen, erklärte GKV-Vorstandsmitglied Stefanie Stoff-Ahnis.
Spahn: Vorschlag gerne umsetzen
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) begrüßte die Einigung. "Wir werden diesen Vorschlag der Selbstverwaltung gerne umsetzen", erklärte er. "Viele Beschäftigte in vielen Kliniken in Deutschland haben maßgeblich dazu beigetragen, Corona-Patienten unter schwierigen Bedingungen bestmöglich zu behandeln. Das war ein besonderer Stress."
Eine Corona-Prämie für Pflegekräfte war zunächst nur für die Altenpflege vereinbart worden. Dass Krankenhausbeschäftigte außen vor blieben, stieß auf viel Kritik.
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DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel erklärte, die 100 Millionen Euro reichten nicht aus, "um alle Pflegekräfte und die genauso belasteten Beschäftigten in der Reinigung und Logistik der Krankenhäuser zu erreichen". Bund und Länder seien aufgefordert, "deutlich aufzustocken". Zudem müsse die Prämie nach bundesweit einheitlichen Kriterien gezahlt werden, um Ungleichbehandlungen zu verhindern.
Verdi: Nur eine Minimallösung
Verdi-Vorstandsmitglied Sylvia Bühler kritisierte, es habe "nicht nur sehr lang gedauert, es ist auch nur eine Minimallösung herausgekommen".Von dem Bonus werde nur ein kleiner Teil der insgesamt 440.000 Pflegekräfte in Krankenhäusern profitieren. "Ausgerechnet bei der Anerkennung der Leistungen in der Pandemie zeigen sich Kliniken und Krankenkassen knauserig. Das ist beschämend", kritisierte Bühler.
Kritik kam auch von Linken-Chef Bernd Riexinger. "Einmalzahlungen für einige Pflegekräfte statt besserer Bezahlung für alle - so schafft man weder den Pflegenotstand ab noch motiviert man die vielen Pflegekräfte, die mit ihrer Arbeit das Rückgrat unserer Gesellschaft bilden", erklärte er und fügte hinzu: "Pflege ist mehr wert und muss besser bezahlt werden."
Die Grünen-Abgeordneten Maria Klein-Schmeink und Kordula Schulz-Asche erklärten, es sei "höchste Zeit" für die Verständigung auf die Prämie. "Wir befürchten allerdings, dass sie zu spät kommt, um von den Pflegekräften noch als Zeichen der Wertschätzung für ihren persönlichen Einsatz aufgenommen zu werden." Es sei zudem bedauerlich, dass das Personal in der Rehabilitation weiter leer ausgehe. (AFP)