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Das war’s. Präsident Petro Poroschenko (links) hat sich von dem Milliardär Igor Kolomoiski verabschiedet, der mit seinem Geld den Kampf gegen Separatisten finanzierte.
© REUTERS

Ukraine und die Oligarchen: Petro Poroschenko entlässt einflussreichen Gouverneur

Der ukrainische Präsident hat den einflussreichen Gouverneur Igor Kolomoiski entlassen – und will jetzt auch gegen andere Oligarchen vorgehen, um seine Macht zu demonstrieren.

Im Machtkampf von Kiew hat Präsident Petro Poroschenko den Gouverneur von Dnipropetrowsk und Oligarchen Igor Kolomoiski entlassen. Die Pressestelle Poroschenkos verbreitete ein Video, auf dem zu sehen ist, wie der Präsident die Entlassungsurkunde für Kolomoiski mit den Worten „Danke Ihnen“ unterzeichnet. Auf der anderen Seite des Tisches sitzt der Oligarch und verfolgt stumm seine Absetzung. Die Präsidialverwaltung hingegen behauptet, der Oligarch habe selbst um seine Entlassung gebeten. Er gilt als einer der wichtigsten Finanziers der ukrainischen Truppen im Kampf gegen die prorussischen Separatisten.

Doch mit der Entlassung Kolomoiskis sind die Probleme längst nicht gelöst. Die Absetzung des Oligarchen als Gouverneur der Industrieregion wird in Kiew erst als Beginn einer Phase angesehen, in der Politik und Geschäft in der Ukraine strenger getrennt werden. Erst in der vergangenen Woche hat das Parlament ein Gesetz verabschiedet, das dem Staat eine Aktienmehrheit von 50 plus eins zusichert. Damit soll der Staat die Kontrolle über die ihm gehörenden Unternehmen zurückgewinnen und der Einfluss der Oligarchen auf Großkonzerne gebrochen werden. Das gilt vor allem für die Firmen aus dem Energiesektor.

Die Nachrufe auf den mächtigen Milliardär Kolomoiski, der mit seinem Firmenimperium „Privat Gruppe“ den Ölmarkt des Landes weitgehend kontrolliert hat, eine der größten Banken besitzt und im ukrainischen Parlament etwa ein Drittel der Abgeordneten unter seiner Aufsicht haben soll, fielen insgesamt eher verhalten aus. Zuletzt war Kolomoiski unter Druck geraten, weil seine bewaffneten Einheiten die halbstaatlichen Energieunternehmen Ukrnafta und Ukrtransnafta in Kiew besetzt hatten. Der Streit zwischen der ukrainischen Regierung und ihm hatte sich schon zuvor immer weiter hochgeschaukelt.

Entwaffnung der Privatarmeen

Zusammen mit seinen Anhängern hatte er die ukrainische Regierung mehrfach kritisiert und die angekündigten Reformen angemahnt. Kolomoiski hatte sich etwa für eine Dezentralisierung der in Kiew gebündelten Machtbefugnisse eingesetzt. In Kiew löste aber zuletzt Befremden aus, dass sich der „Beschützer der Ostukraine“ und „Kämpfer gegen Übergriffe Russlands“ für einen Dialog mit den Aufständischen im Donbass aussprach.

Während mehrere von Kolomoiskis Gefolgsleuten in Dnipropetrowsk und in Kiew ihr Posten verließen, beließen es andere bei schlichteren Gesten. Anton Geraschtschenko etwa, der Chefberater des Innenministers, schrieb auf seiner Facebook-Seite, die Ukraine sei Kolomoiski zu „größtem Dank verpflichtet, weil der Gouverneur im vergangenen Sommer dafür gesorgt hat, die Separatisten zu stoppen“. Ein ähnlicher Dank kam vom Vizechef des Parlaments, Andrei Parubiy. Er nannte Kolomoiski einen „wahren Patrioten der Ukraine, der ein Bollwerk gegen die Feinde errichtet hat“.

Unter scharfer Kritik Russlands hatte Poroschenko den Milliardär nach dem Machtwechsel in Kiew im vergangenen Jahr als Statthalter in dem ostukrainischen Gebiet eingesetzt. Dort verhinderte Kolomoiski, dass sich die russisch geprägte Region Dnipropetrowsk  – wie die benachbarten Gebiete Luhansk und Donezk – abspaltet. Dazu hatte Kolomoiski auch von ihm privat finanzierte Hundertschaften eingesetzt. Überhaupt geraten die Privatarmeen in der Ukraine zunehmend in die Kritik, weil sie nicht auf das Kommando der Machtzentrale in Kiew hören. Poroschenko kündigte nun die Entwaffnung und Abschaffung dieser Einheiten an – wie von Russland seit Langem gefordert.

Für den Parlamentarier Mustafa Naidem von der Präsidentenpartei Block Petro Poroschenko markiert die Entlassung Kolomoiskis erst den Anfang: „Der Kreuzzug gegen Oligarchen, die ihren Einfluss auf Politiker und auf die Wirtschaft mit allen Mitteln durchsetzen, hat jetzt erst begonnen“, schreibt er auf Facebook. Trotzdem glauben in der Ukraine nicht viele daran, dass sich die mächtigen Oligarchen einfach so degradieren lassen werden.

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