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Flüchtlinge aus dem Dorf Buulomareer im Süden Somalias kehren in ihr Dorf zurück. Die somalische Armee und die Friedenstruppe der Afrikanischen Union haben das Dorf nach Regierungsangaben Anfang der Woche "befreit" und die Terrormiliz Al Schabaab vertrieben.
© AFP
Update

US-Angriff in Somalia: Pentagon: Anführer von Al Schabaab getötet

Am Montag hat das US-Militär Bomben auf ein Dorf in Südsomalia abgeworfen. Dabei ist nach Angaben des Pentagon der Anführer der islamistischen Terrormiliz Al Schabaab getötet worden. Die Regierung warnt vor Racheakten der Miliz.

Der Anführer der islamistischen Shebab-Miliz in Somalia sei bei einem US-Luftangriff getötet worden. Ahmed Abdi Godane sei bei einem am Montag in dem ostafrikanischen Land geflogenen Angriff ums Leben gekommen, gab das amerikanische Verteidigungsministerium am Freitag bekannt. Die USA hatten den 37-jährigen Ahmed Abdi Godane als einen der acht meistgesuchten Terroristen der Welt geführt. „Godane vom Schlachtfeld zu entfernen ist ein bedeutender operativer Verlust für Al Schabaab“, sagte Sprecher John Kirby. Nach früheren Berichten waren bei dem Raketenangriff mit unbemannten Flugzeugen im Süden Somalias mindestens drei Konvois der islamistischen Terrororganisation Al Schabaab getroffen worden.

Bei dem Luftangriff auf die Führungsriege der Al Schabaab in Somalia hat das US-Militär nach eigenen Angaben mehrere "Hellfire"-Raketen abgefeuert und lasergesteuerte Bomben eingesetzt. Dabei seien ein Lager und ein Fahrzeug zerstört worden, sagte Pentagon-Sprecher John Kirby schon am Dienstag. Zunächst blieb allerdings unklar, ob Al-Schabaab-Anführer Ahmed Abdi Godane bei dem Einsatz getötet wurde.

Die somalische Regierung warnte am Samstag vor möglichen Rachakten. Es lägen Informationen vor, wonach die Al-Schabaab-Miliz eine Reihe von Racheakten plane, erklärte der für nationale Sicherheit zuständige somalische Minister Kalif Ahmed Ereg am Samstag. Ziele seien medizinische Einrichtungen, Bildungszentren und andere staatliche Institutionen.

"Sein Tod wäre ein Beweis für seine Existenz"

Der Gründer des ersten somalischen Think Tanks, Heritage Institute for Policy Studies in Mogadishu, Abdi Aynte, sagte dem französischen Auslandssender RFI nach dem Angriff auf Godane, dass sein Tod, so er sich bestätigen sollte, ein "entscheidender Einschnitt" für Al Schabaab sei. Godane, der sich so gut wie nie hat fotografieren lassen und auch sonst sehr vorsichtig war, sei für Somalia ein ziemliches Rätsel gewesen, schreibt Aynte in einem Blogeintrag seines Instituts. "Sein Tod wäre auch eine Art Beweis für seine Existenz", meint Aynte.

Das einzige Foto des nach US-Angaben getöteten Al-Schabaab-Anführers Godane ist unscharf. Der Mann ließ sich nicht einfach so fotografieren.
Das einzige Foto des nach US-Angaben getöteten Al-Schabaab-Anführers Godane ist unscharf. Der Mann ließ sich nicht einfach so fotografieren.
© AFP

Der Luftangriff habe am Montag um 17.20 Uhr mitteleuropäischer Zeit stattgefunden, sagte der Pentagon-Sprecher und ergänzte frühere Angaben. Kampfflugzeuge und unbemannte Drohnen seien im Einsatz gewesen. Eine Beteiligung von Bodentruppen habe es nicht gegeben. Ziel des Angriffs sei ein Treffen Godanes mit Al-Schabaab-Kommandeuren in der somalischen Region Unter-Shabelle im Süden des Landes gewesen.

2008 übernahm Godane das Kommando von Al Schabaab

Der 37-jährige Godane wird auch Abu-Zubayr genannt und hatte 2008 die Führung der Gruppe übernommen, nachdem sein Vorgänger Adan Hashi Ayro bei einem US-Raketenangriff getötet worden war. Godane soll eine Ausbildung bei den radikalislamischen Taliban in Afghanistan erhalten haben. Der Al-Qaida-Führer Aiman al-Sawahiri erkannte ihn als Führer der "Mudschaheddin" in Ostafrika an. Die USA führen Godane als einen der acht meistgesuchten Terroristen der Welt. Unter Godanes Führung eroberte Al Schabaab 2009 große Teile Somalias und führte 2010 den ersten großen Terroranschlag außerhalb Somalias aus: Während des Endspiels der Fußballweltmeisterschaft in Südafrika sprengten sich mehrere Selbstmordattentäter in Ugandas Hauptstadt Kampala in die Luft. Knapp achtzig Menschen starben.

Godane kam aus Puntland, der halbautonomen Region im Norden Somalias, wo bis vor kurzem noch Somalias Piraten ihre Geschäfte abgewickelt haben. Dass die Miliz ihn überhaupt als Anführer akzeptiert hat, hat viele Beobachter 2008 überrascht. Der ehemalige Afrika-Korrespondent Marc Engelhardt hat in seinem Buch "Heiliger Krieg, heiliger Profit" packend den Aufstieg Godanes in der Al Schabaab beschrieben. Entgegen allen somalischen Erfahrungen gelang es ihm, die Terrormiliz eng an sich zu binden, obwohl er keinen Clan im Süden Somalias hatte, der ihm hätte Rückhalt geben können. Mit dem Westgate-Attentat in der kenianischen Hauptstadt Nairobi mit rund 70 Toten im vergangenen September gelang es Godane, die Loyalität seiner Milizionäre zu sichern. Spätestens zu diesem Zeitpunkt galt er als unumstritten.

Seine Rivalen ließ Godane ermorden

Wer dennoch Zweifel an seinen Führungsfähigkeiten hatte, musste damit rechnen, von seiner privaten Todesschwadron ermordet zu werden. Das widerfuhr beispielsweise dem amerikanischen Dschihadisten Omar Hammami, genannt al Amriki, und seinem ehemaligen Mentor und Freund Ibrahim al Afghani. Damit hat sich Godane auch Feinde gemacht, die den amerikanischen Truppen möglicherweise geholfen haben, den Angriff auf ihn und seine Führungsgruppe am Montag zu unternehmen. Mit Ibrahim al Afghani ließ Godane zudem den Mann umbringen, der am ehesten sein Nachfolger als Anführer hätte werden können.

Ein somalischer Soldat hält Wache vor einem Wohnhaus in Mogadischu. Fast jeden Tag verübt die Terrormiliz Al Schabaab Anschläge in der somalischen Hauptstadt.
Ein somalischer Soldat hält Wache vor einem Wohnhaus in Mogadischu. Fast jeden Tag verübt die Terrormiliz Al Schabaab Anschläge in der somalischen Hauptstadt.
© Reuters

Abdi Aynte vermutet, dass es nach Godanes Tod zu internen Machtkämpfen bei Al Schabaab kommen könnte. Das sei eine Chance für die Übergangsregierung in Mogadischu und andere somalische Politiker, die noch für Argumente erreichbaren Al-Schabaab-Mitglieder aus der Miliz abzuwerben, mein Aynte. Am Dienstag bot die Übergangsregierung eine Amnestie für Al-Schabaab-Abtrünnige an, die sich keine schweren Menschenrechtsverletzungen haben zu Schulde kommen lassen.

Ein Liebhaber der Poesie

Bevor Godane zum Vollzeit-Terroristen wurde, hat er nach Informationen des britischen Senders BBC bei einem Geldtransfer-Unternehmen in Somalia gearbeitet. Diese Erfahrungen hätten ihm bei der Finanzierung seiner Terroranschläge in und außerhalb Somalias geholfen. In den 1990er Jahren studierte er mit Stipendien im Sudan und in Pakistan und kam dort offenbar erstmals mit dschihadistischen Ideen in Berührung. Seine Dschihadisten-Ausbildung soll in Afghanistan stattgefunden haben.

Godane galt als Liebhaber der Poesie. Die BBC zitiert ihren somalischen Korrespondenten Mohammed Mohammed mit den Worten: "Wenn er spricht, nutzt er die Poesie. Einer seiner Lieblingsdichter ist Mohammed Abdullah Hassan, im Westen wird er "Verrückter Mullah" genannt. Aber für die Somalis ist er ein großer Held, weil er gegen die britische Kolonialherrschaft gekämpft hat." (mit AFP)

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