Wahl in der Slowakei: Patt mit Rechtsdrall
In der Slowakei gewinnen Rechte, Konservative und Protestparteien unerwartet viele Sitze. Der linkspopulistische Ministerpräsident Fico braucht für eine Koalition zwei rechtsextreme Parteien
Lange Gesichter bei den Wahlkämpfern der bisherigen Regierungspartei Smer: Die alleine regierende linkspopulistische Partei von Ministerpräsident Robert Fico hat bei den Parlamentswahlen in der Slowakei vom Samstag ein Drittel der Stimmen eingebüßt. Ficos Taktik, seine Wiederwahl auf dem Rücken der Flüchtlinge zu sichern ist nicht aufgegangen. Seine Angstmacherei vor muslimischen Immigranten stärkte die Ultrarechte.
Nach Auszählung von 99,9 Prozent der Stimmen gewann Smer die Wahlen erwartungsgemäß – jedoch nur noch mit 28,3 Prozent der Stimmen. 2012 waren es noch 44,4 Prozent gewesen. Das macht die Bildung einer stabilen Regierung in der Slowakei ausgerechnet vier Monate vor der Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft enorm schwierig.
Die alte rechtsextreme Slowakische Nationalpartei (SNS) sowie Marian Kotlebas „Volkspartei Unsere Slowakei“ (LSNS) kamen zusammen auf über 16 Prozent der Stimmen. Auch Boris Kollars Protestpartei „Wir sind eine Familie“ schnitt unerwartet gut ab (6,6 Prozent). Die rechten SNS und LSNS wir auch die Protestler von „Wir sind eine Familie“ waren allesamt im letzten Parlament nicht vertreten.
Deutlich stärker als bei der Wahl 2012 und als in den Umfragen vor der Wahl erwartet schnitten auch die wirtschaftsliberale Partei „Freiheit und Solidarität“ (SaS) mit 13,3 (2012: 5,9%) sowie die sich als unabhängige Kraft gebende Formation OLaNO mit 11 Prozent (2012: 8,6%) ab. Beide werden klar der Opposition zugerechnet und haben eine Zusammenarbeit mit Fico von vornherein ausgeschlossen.
Hinter ihnen platzierten sich zwei weitere zentristische Parteien, die eigentlich davon geträumt hatten, nach den Wahlen zu einer großen Anti-Fico-Koalition zu gehören: Die der ungarischen Minderheit nahestehende Partei „Most-Hid“ kam auf enttäuschende 6,5 Prozent, die christdemokratische Neugründung „Siet“ gar nur auf 5,6 Prozent. Umfragen vor der Wahl hatten „Siet“ doppelte so viele Stimmen vorausgesagt. An der Fünfprozenthürde scheiterten am Ende sowohl die wichtigen Christdemokraten (KDH) wie die einstige liberale Regierungspartei SDKU.
Mit knapp 60 Prozent lag die Wahlbeteiligung ebenso niedrig wie schon vor vier Jahren.
Der Wahlkampf hat die Bürger verunsichert
„Smer hat ein Klima der Angst und Wut in den Wahlkampf gebracht“, beklagte am Sonntag der Politologe Pavol Hardos. Im Februar entlud sich dies in einem großen Krankenschwestern- und Lehrerstreik. Dieser hatte die Slowaken noch mehr als ohnehin schon verunsichert und befeuerte ihre Wut zusätzlich.
Unter den drei Protestparteien hatte sich nur die rechtsextreme SNS vor den Wahlen zu einer Koalition mit Ficos Smer bereit erklärt. Bereits 2006 bis 2010 hatte der starke Mann der Slowakei zusammen mit der SNS regiert, doch eine Reihe von Korruptionsskandalen ließen die Nationalisten in der Folge an der Fünfprozenthürde scheitern. Diesmal kommen Smer und SNS zusammen nur noch auf 64 von 150 Sitzen – das ist keine Mehrheit mehr. Auch die fünf zentristischen Oppositionsparteien kommen zusammen nur auf 61 Sitze.
Damit wird die ultra-rechte Volkspartei „Unsere Slowakei“ des umstrittenen Landtagspräsidenten von Banska Bystrica, Marian Kotleba, zur Königsmacherin für äußerst schwierige Koalitionsverhandlungen. Vor den Wahlen hatten viele Umfrageinstitute der Partei maximal ein bis zwei Prozent der Stimmen vorausgesagt. Dem Tagesspiegel sagte Kotlebas Vertrauter Milan Uhrik wenige Tage vor der Wahl, dass er eine Koalition sowohl mit Fico wie den bisherigen Oppositionsparteien ausschließe: „Wir sind die wahre Opposition“, sagte Uhrik. Alle bisherigen Parteien seien in gleicher Weise korrupt, die Slowakei aber brauche eine Erneuerung und endlich ehrliche Politiker.
In der slowakischen Presse wurde am Sonntag über ein Machtwort des parteiunabhängigen Staatspräsidenten Andrei Kiska spekuliert: Zur EU-Ratspräsidentschaft könnte dieser ein handverlesenes Übergangskabinett einsetzen, hieß es etwa in der Online-Ausgabe der Tageszeitung „Sme“.