„Erhebliche Gefahr für demokratisches Miteinander“: Parteiübergreifende Initiative für besseren Schutz von Politiker
SPD-Politiker Klingbeil will parteiübergreifend gegen die vermehrten Drohungen gegen Politiker vorgehen. Innenminister Seehofer unterstützt den Vorschlag.
Bundesinnenminister Horst Seehofer hat den Vorschlag einer parteiübergreifenden Anstrengung zum besseren Schutz von Politikern befürwortet. „Angriffe, Gewaltandrohungen und Anfeindungen gegen Politiker sind eine erhebliche Gefahr für unser demokratisches Miteinander“, sagte der CSU-Politiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Sonntag). „Ich begrüße deshalb den Vorschlag eines parteiübergreifenden Vorgehens, denn dieses Thema betrifft alle Demokraten.“
SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil hatte nach Schüssen auf das Büro des SPD-Abgeordneten Karamba Diaby ein Krisentreffen angeregt und dazu die Generalsekretäre oder Bundesgeschäftsführer aller Bundestagsparteien mit Ausnahme der AfD angeschrieben.
Am Mittwoch waren an einer Scheibe des Bürgerbüros Diabys im sachsen-anhaltischen Halle mehrere Einschusslöcher festgestellt worden. Der Angriff auf das Büro des im Senegal geborenen, schwarzen Diaby hatte Bestürzung ausgelöst. Verletzt wurde niemand. Von dem oder den Tätern fehlt bislang jede Spur.
„Unsere Gesellschaft lebt davon, dass sich Bürgerinnen und Bürger freiwillig für öffentliche Ämter zur Verfügung stellen“, betonte Seehofer. „Dieses Engagement müssen wir unbedingt erhalten.“
Linken-Politikerin Nagel berichtet massiv zugenommenen Anfeindungen
In den vergangenen Monaten hatten Bundes-, Landes- und Kommunalpolitiker immer wieder von Bedrohungen und Anfeindungen berichtet. Zuletzt machte am Samstag die sächsische Landtagsabgeordnete Juliane Nagel (Linke) einen Drohbrief öffentlich, der bei ihr einging und einen Zettel mit der Aufschrift „An den Galgen mit dir oder standrechtlich erschiessen“ enthielt. Seit Silvester hätten die Anfeindungen massiv zugenommen, sagte sie.
Nagel hatte nach der Silvesternacht im Leipziger Stadtteil Connewitz das Verhalten der Polizei kritisch hinterfragt und von einem „rabiaten Vorgehen“ der Beamten gesprochen.
Der frühere Bürgermeister von Estorf in Niedersachsen, Arnd Focke (SPD), sagte am Wochenende der „Neuen Presse“, er sehe sich auch nach seinem Rücktritt noch Bedrohungen ausgesetzt. Auf seiner Facebook-Seite veröffentlichte er entsprechende Bilder. In einem Fall bekam Focke einen ausgerissenen Zeitungsartikel über seinen Rücktritt – mit einem Fadenkreuz auf seinem Foto.
Focke war Ende 2019 von seinem Amt als Bürgermeister zurückgetreten, nachdem sein Privatauto mit Hakenkreuzen verunstaltet worden war und er einen Zettel mit der Aufschrift „Wir vergasen dich wie die Antifa“ in seinem Briefkasten gefunden hatte. (dpa)
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