Bayern: Parteigremien von CSU und Freien Wählern besiegeln Koalition
Künftig regiert in Bayern Schwarz-Orange statt Schwarz pur – inhaltlich wird sich nicht allzu viel ändern. Die CSU muss aber drei Ministerien abgeben.
Die neue schwarz-orange Koalition in Bayern ist perfekt: Exakt drei Wochen nach der Landtagswahl stimmten die Parteigremien von CSU und Freien Wählern am Sonntag dem in Rekordtempo ausgehandelten Koalitionsvertrag zu. Ein zentraler Eckpunkt ist, dass Familien mit kleinen Kindern noch kräftiger finanziell entlasten werden sollen - um bis zu 1200 Euro pro Jahr und Kind. Einen weiteren Schwerpunkt will die neue Regierung auf die Umweltpolitik legen und etwa den Flächenverbrauch deutlich senken.
Die CSU muss drei Ministerien an die Freien Wähler abgeben, darunter das landespolitisch bedeutsame Kultusministerium. Zudem gehen das Umwelt- und das um Landesentwicklung ergänzte Wirtschaftsministerium an den Koalitionspartner. Letzteres dürfte Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger übernehmen. Alle anderen Ministerien gehen an die CSU, darunter auch ein neues, eigenständiges Digitalisierungsministerium.
Auf letzte Details des Koalitionsvertrages hatten sich CSU und Freie Wähler am Freitagabend verständigt, nicht einmal drei Wochen nach der Landtagswahl am 14. Oktober. Der Vertrag soll an diesem Montag unterzeichnet werden. Bereits am Dienstag soll Markus Söder (CSU) dann im Landtag erneut zum Ministerpräsidenten gewählt werden. Das neue Kabinett soll eine Woche später (12. November) vereidigt werden.
Konkret will die neue Koalition den Krippen- und Kindergartenbesuch durchgängig mit 100 Euro pro Monat und Kind bezuschussen. Zum einen gibt es solch einen Zuschuss künftig auch im ersten und zweiten und nicht wie bisher nur im dritten Kindergartenjahr. Darüber hinaus sollen ab 2020 auch Eltern ein- und zweijähriger Kinder, die eine Krippe oder Tagesbetreuung besuchen, 100 Euro pro Monat bekommen. Mit dieser Forderung haben sich die Freien Wähler durchgesetzt. Allerdings bleibt es auf Wunsch der Christsozialen auch beim neu eingeführten bayerischen Familiengeld. Das bekommen Eltern aller ein- und zweijährigen Kinder, und zwar unabhängig von einem Krippenbesuch.
Selbstbild als "Familien- und Heimatkoalition"
In der Präambel ihres Koalitionsvertrags bezeichnen sich CSU und Freie Wähler unter anderem als Familien- und Heimatkoalition. Und sie betonten, Bayern solle „nachhaltiger, moderner und ökologischer“ werden. Als „Richtgröße“ für den Flächenverbrauch sollen deshalb fünf Hektar pro Tag angestrebt werden. Von einer gesetzlichen Begrenzung, wie dies von den Grünen gefordert wird, ist aber nicht die Rede.
Die umstrittenen Änderungen am sogenannten Alpenplan, mit denen die CSU ursprünglich einen neuen Skilift am Riedberger Horn im Allgäu ermöglichen wollte, sollen rückgängig gemacht werden. Das Liftprojekt an sich hatte Söder bereits vor Monaten auf Eis gelegt, nun sollen in dem Gebiet auch die alten Schutzzonen wiederhergestellt werden. Die Planungen für die umstrittene dritte Startbahn am Münchner Flughafen werden für die fünf Jahre dauernde Legislaturperiode auf Eis gelegt.
In vielen Bereichen bestätigt der Koalitionsvertrag aber den Kurs der bisher allein regierenden CSU. Mit dem Schuldenabbau will man „konsequent fortfahren“. Und auch die bayerische Grenzpolizei und das umstrittene Polizeiaufgabengesetz bleiben, ebenfalls bleibt es bei Söders angekündigtem Luft- und Raumfahrtprogramm. Abstriche, wie sie die Freien Wähler gefordert hatten, sind hier vom Tisch.
Auch an den geplanten neuen großen Stromtrassen von Nord- und Ostdeutschland nach Süddeutschland wird nun doch nicht gerüttelt. Der Dissens um einen rückwirkenden Verzicht auf Straßenausbaubeiträge wurde mit einem Kompromiss - einem Fonds für Härtefälle - gelöst. Und es soll mehrere tausend neue Lehrer- und Polizei-Stellen geben. Die Namen künftigen CSU-Minister sind noch nicht fix. Bei den Freien Wählern dürfte neben Aiwanger auch Michael Piazolo als Kultusminister gesetzt sein, Umweltminister könnte demnach Thorsten Glauber werden.
Die CSU war bei der Landtagswahl am 14. Oktober auf 37,2 Prozent abgestürzt und ist deshalb nun auf einen Koalitionspartner angewiesen - wie zuletzt zwischen 2008 und 2013. Nach Sondierungsgesprächen mit Freien Wählern und Grünen hatte die CSU den Freien Wählern den Vorzug gegeben. Die beiden Parteien stehen sich politisch auch sehr nahe. (dpa)