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Rücktrittsforderungen: Stephan Brandner provozierte erneut mit einem Tweet.
© Odd ANDERSEN / AFP

Nach Tweet mit „antisemitischem Unterton“: Parteien fordern Rücktritt von AfD-Politiker Brandner

Der Vorsitzende des Rechtsausschusses provoziert mit einem Tweet über Udo Lindenberg. Der AfD-Mann hatte schon mit einer Äußerung zu Halle für Empörung gesorgt.

Erneut hat der Vorsitzende des Bundestags-Rechtsausschusses, Stephan Brandner von der AfD, mit einer umstrittenen Twitter-Botschaft provoziert. Wie schon nach seinem Tweet zum Anschlag von Halle fordern Politiker seinen Rücktritt.

Brandners Äußerungen über den Musiker Udo Lindenberg „sind unverschämt, spielen mit antisemitischen Ressentiments und sind seiner Position schlicht unwürdig“, sagte der CSU-Rechtspolitiker Volker Ullrich dem „Handelsblatt“.

Anlass: Der Hashtag #Judaslohn

Der CDU-Abgeordnete Jan-Marco Luczak erklärte: „Brandner ist in dieser Funktion untragbar und muss zurücktreten.“

Anlass für die jüngsten Rücktrittsforderungen ist Brandners Tweet zu AfD-kritischen Äußerungen von Udo Lindenberg, der kürzlich das Bundesverdienstkreuz erhalten hatte. „Klar, warum der gegen uns sabbert/sabbern muss“, schrieb Brandner laut „Handelsblatt“ am Donnerstag auf Twitter. Dazu stellte der Abgeordnete ein Zitat aus einem Zeitungsartikel zur Auszeichnung Lindenbergs mit dem Bundesverdienstkreuz und fügte den Hashtag „#Judaslohn“ hinzu.

Judaslohn nennt man eine Belohnung für einen Verrat. Die Redensart bezieht sich auf Judas, einen Jünger von Jesus, der nach allen vier Evangelien die Festnahme von Jesus in Jerusalem ermöglicht hat.

Anfang Oktober in Berlin: Bundespräsident Steinmeier verleiht Rocksänger Udo Lindenberg das Bundesverdienstkreuz.
Anfang Oktober in Berlin: Bundespräsident Steinmeier verleiht Rocksänger Udo Lindenberg das Bundesverdienstkreuz.
© Wolfgang Kumm/dpa

Der CDU-Rechtsexperte Luczak warf Brandner am Samstag vor, „ganz bewusst mit antisemitischen Begriffen zu spielen“. Der Rechtsausschuss wache über Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und die Werte des Grundgesetzes. Um das Amt des Vorsitzenden des Rechtsausschusses auszufüllen, bedürfe es Würde und Anstand, erklärte er. „Diese fehlen Brandner ganz offenbar.“

Lindenberg hatte sich auf Facebook schockiert über das starke Abschneiden der AfD bei der Landtagswahl in Thüringen geäußert. „24 Prozent. Und viele sagen immer noch: Das wird sich niemals wiederholen - aber seht ihr denn nicht an den Häuserwänden die selben alten neuen Parolen? und die gleiche kalte Kotze (wie vor 80 jahren) schwappt ihnen wieder aus dem Mund...“

Über den Spitzenkandidaten Björn Höcke schrieb Lindenberg: „Ein echter Fascho, auferstanden aus Ruinen und den Nazis zugewandt.“

„Eines Rechtsausschussvorsitzenden unwürdig“

Der Christsoziale Ullrich sagte, Brandner sei „seiner Position als Vorsitzender des Rechtsausschusses nicht gewachsen. Er sollte daraus Konsequenzen ziehen“.

Zuvor hatte bereits der rechtspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Johannes Fechner, dem „Handelsblatt“ gesagt: „Wir wollen die Frage der Abwahl von Ausschussvorsitzenden im zuständigen Geschäftsordnungsausschuss thematisieren.“

Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion, Britta Haßelmann, hatte auf Twitter geschrieben: „Der Mann ist eines Rechtsausschussvorsitzenden unwürdig und in dieser Funktion untragbar.“

Niema Movassat, verfassungspolitischer Sprecher der Linken, wies darauf hin, dass seine Fraktion bereits Brandners Wahl zum Vorsitzenden abgelehnt habe. „Die demokratischen Fraktionen müssen diesem Spuk gemeinsam ein Ende setzen.“

Brandner wies auf Twitter dagegen daraufhin, dass auch Politiker anderer Parteien in Interviews und auch im Bundestag in der Vergangenheit den Begriff „Judaslohn“ benutzt haben.

Er nutzt dazu den Hashtag #Fakten. Dafür erntete er in den Antworten erneut Kritik. Seine „angeblichen Fakten“ seien „aus dem Kontext gerissen“, schrieb etwa Nutzer @glubschooche.

Brandner war erst kürzlich wegen eines Tweets zum Anschlag von Halle in die Kritik geraten. Er hatte im Onlinedienst Twitter einen Beitrag geteilt, in dem nach dem rechtsextremen Anschlag von Halle zu lesen war, dass Politiker vor Synagogen „lungern“. Dies spielte offenbar auf die öffentlichen Solidaritätsversammlungen vor den jüdischen Gotteshäusern an. Von diesem Tweet rückte Brandner nach breiter Kritik wieder ab. Sein Büro in Thüringen wurde in den Tagen danach schwarz angesprüht.

Nach dem Halle-Tweet sprachen Union, SPD, FDP, Grüne und Linke in einer gemeinsamen Erklärung im Rechtsausschuss dem AfD-Politiker die Eignung für das Vorsitzendenamt ab. Auch der Ältestenrat des Bundestages befasste sich mit dem Verhalten Brandners.

Nach einer Verabredung zwischen den Fraktionen steht der AfD die Leitung des Rechtsausschusses zu. Bei einer Abwahl dürfte Brandner durch einen Fraktionskollegen ersetzt werden. (AFP, dpa)

Korrektur: In einer früheren Version des Artikels wurde der CDU-Abgeordnete Jan-Marco Luczak als FDP-Abgeordneter bezeichnet. Wir bitten, diesen Fehler zu entschuldigen.

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