EU-Kommissarin aus Slowenien: Parlamentschef Schulz: Bulc muss Abgeordnete überzeugen
Eigentlich will das Europaparlament in der kommenden Woche der neuen EU-Kommission seinen Segen geben. Doch der Zeitplan könnte ins Rutschen kommen - falls die designierte Verkehrskommissarin Violeta Bulc in der Anhörung vor dem Europaparlament nicht überzeugen sollte.
Für die designierte slowenische EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc gerät die bevorstehende Anhörung vor dem Europaparlament zur Zitterpartie. „Sie wird sich intensiv vorbereiten und die Abgeordneten überzeugen müssen, die sie wie jeden anderen Kandidaten auf ihre fachliche und persönliche Eignung prüfen werden“, sagte EU-Parlamentspräsident Martin Schulz dem Tagesspiegel mit Blick auf die slowenische Kandidatin. Zuvor hatte die Wochenzeitung „European Voice“ in ihrer Online-Ausgabe berichtet, dass die 50-Jährige in einem Gespräch mit dem Vorsitzenden des Verkehrsausschusses, dem Grünen Michael Cramer, zugegeben habe, dass sie bislang keine Erfahrung auf dem Gebiet der Verkehrspolitik gesammelt habe. Als Verkehrskommissarin müsste Bulc unter anderem darüber entscheiden, ob die deutschen Maut-Pläne mit dem Europarecht vereinbar sind oder nicht. Am kommenden Montag will der Verkehrsausschuss die Slowenin anhören.
Bulc ist bereits die zweite Kandidatin aus Slowenien, die als designiertes Mitglied der neuen EU-Kommission von Jean-Claude Juncker zur Wackelkandidatin wird. Nach einer schwachen Vorstellung vor den Europaabgeordneten hatte die ursprünglich für den Bereich der Energie-Union vorgesehene ehemalige slowenische Ministerpräsidentin Alenka Bratusek unter dem Druck der Parlamentarier einen Rückzieher gemacht. An ihrer Stelle nominierte das Kabinett in Ljubljana nun die Vize-Regierungschefin Bulc für den Posten in Brüssel.
Ausschussvorsitzender Cramer kritisiert: Nur vier Tage zur Vorbereitung
Allerdings soll die Slowenin anders als Bratusek nicht mehr als Vize-Kommissionschefin die Energieunion betreuen, sondern das Verkehrsressort. Vize-Kommissionschef und damit für die Energieunion zuständig soll nun hingegen der Slowake Maros Sefcovic werden, der im Verkehrsausschuss einen guten Eindruck hinterlassen hatte. "Die Rotation ist wichtiger als die Qualität", kritisierte der Ausschussvorsitzende Cramer im Gespräch mit dem Tagesspiegel. Wegen des engen Zeitkorsetts bis zum geplanten Amtsantritt der neuen EU-Kommission am 1. November habe Bulc zudem nur vier Tage, um sich vor der Anhörung in die neue Thematik einzuarbeiten. Dagegen habe ihr Vorgänger Sefcovic zwei Wochen Zeit zur Vorbereitung auf das Hearing im EU-Parlament gehabt.
Falls Bulc die EU-Abgeordneten beim Hearing nicht überzeugen kann, könnte auch der Zeitplan für die Bestätigung der EU-Kommission durch das Europaparlament ins Rutschen kommen. „Von ihrem Auftritt wird auch abhängen, ob das Europaparlament wie vorgesehen in der kommenden Woche über die gesamte Kommission abstimmen kann oder nicht“, sagte Schulz.
Zuvor war die slowenische Ex-Regierungschefin Bratusek vor dem Europaparlament gescheitert, weil sie auf Fragen zur Energiepolitik nur sehr allgemein geantwortet hatte. Zudem musste sich Bratusek mit dem Vorwurf auseinandersetzen, sich selbst für den Posten der EU-Kommissarin nominiert zu haben. Auch im Fall ihrer Nachrückerin Violeta Bulc stelle sich laut „European Voice“ die Frage, über welchen Rückhalt sie im Kabinett des slowenischen Ministerpräsidenten Miro Cerar bei ihrer Nominierung für Brüssel verfügte. Bulc ist seit einem Monat in der Politik, zuvor arbeitete sie jahrelang als Unternehmensberaterin bei EU- und Regionalentwicklungsprojekten.