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Werben um Vertrauen. Frankreichs Finanzminister Moscovici (rechts) und sein deutscher Amtskollege Schäuble in Berlin.
© dpa

Sparziele: Paris jubelt über „Kurswechsel“

Bei einem gemeinsamen Auftritt mit Finanzminister Wolfgang Schäuble lobt dessen französischer Amtskollege Pierre Moscovici in Berlin das Entgegenkommen der EU-Kommission beim Erreichen der Sparziele. Allerdings sei die Brüsseler Lockerung "keine Einladung zur Laxheit oder zur Faulheit", betont Moscovici.

Noch am Wochenende hatte Frankreichs Finanzminister Pierre Moscovici von einem „Ende des Dogmas der Austerität“ in der EU gesprochen. Gemeint hatte der Sozialist damit die Andeutung der EU-Kommission, dass Frankreich bis zum Jahr 2015 Zeit bekommen könne, um den Haushalt in Ordnung zu bringen. Von einem „Dogma“ wollte Moscovici am Dienstag nicht mehr sprechen, denn schließlich galt es da, in Berlin das 25-jährige Bestehen des Deutsch-Französischen Finanz- und Wirtschaftsrates zu feiern. Eine Neuauflage des Streits um den von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) verordneten Sparkurs in der Euro-Zone, wie ihn führende Sozialisten vor kurzem vom Zaun brachen, hätte da nur gestört. Dennoch ließ es sich Moscovici bei einem gemeinsamen Auftritt mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) vor Studenten der Freien Universität nicht nehmen, die Ankündigung der EU-Kommission, dass Frankreich wohl auch 2014 sein Defizit nicht unter die Marke von drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) drücken muss, gebührend zu würdigen. Das sei nichts Geringeres als ein „Kurswechsel“ in Europa, betonte der Franzose.

Den Sozialisten in Moscovicis Heimat dürfte ein solcher „Kurswechsel“ gefallen, demzufolge es in der Euro-Zone nicht nur aufs Sparen, sondern auch auf Wachstumsimpulse ankommt. Bei allen Vorteilen habe die gemeinsame Währung auch Defizite, dozierte Moscovici vor den Studenten: „Die Euro-Zone ist kein Raum von hinreichender Beschäftigung und Wachstum.“ Weniger gefallen dürfte einigen Sozialisten allerdings das Versprechen, das Frankreichs Finanzminister vor seinem deutschen Amtskollegen abgab: Der Abbau des sogenannten strukturellen Defizits, das den Konjunktureinflüssen nicht unterliegt, werde weitergehen, sagte Frankreichs Kassenwart. Die Lockerung durch die EU-Kommission sei „keine Einladung zur Laxheit oder zur Faulheit“.

Ungeachtet der Beschwörung der deutsch-französischen Zusammenarbeit könnte die nähere Zukunft noch einigen politischen Zündstoff für beide Länder bereithalten. Moscovici plädierte dafür, die Euro-Zone mit einer eigenen Haushaltskapazität – unter anderem zur Abfederung sozialer Härten und zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit – auszustatten. Ein solches Vorhaben wird in Berlin eher skeptisch gesehen. Das gilt umso mehr für Moscovicis Vorschlag, mittelfristig gemeinsam Anleihen in Europa zu begeben – sprich: Euro-Bonds.

Albrecht Meier

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