Pierre Moscovici:: „Schulden sind ein Feind“
Er wolle "in erster Linie" mit Deutschland zusammenarbeiten, sagt der neue französische Finanzminister. Jetzt muss Pierre Moscovici zeigen, was er damit meint. Ein Porträt.
Pierre Moscovici zeigt in diesen Tagen zwei Gesichter. Da ist einmal der Wahlkämpfer, der für seinen Chef François Hollande den Lautsprecher gibt. Und da ist die diplomatische Seite des Mannes mit der Halbglatze. Unter dem früheren sozialistischen Premierminister Lionel Jospin war er vor einem Jahrzehnt in Paris Europaminister und kennt Deutschland gut. Seit der vergangenen Woche ist Moscovici nun Finanzminister. Und bevor er am Montag bei Wolfgang Schäuble in Berlin seinen Antrittsbesuch abstattete, hat er erst einmal – ganz undiplomatisch – einen Pflock eingeschlagen: Solange der von Kanzlerin Angela Merkel initiierte Fiskalpakt nicht um Wachstumselemente ergänzt werde, sei eine Ratifizierung des Vertrags mit Frankreich nicht zu machen, erklärte der Sozialist.
Es hat in den vergangenen Tagen im deutsch-französischen Verhältnis vernehmlich zu knirschen begonnen. Hollande will Euro-Bonds, Merkel ist dagegen. Die deutsche Regierungschefin möchte Schäuble gerne auf dem Posten des Euro-Gruppenchefs sehen, Hollande hat Bedenken. Moscovici erklärte am Montag in Berlin, dass es keineswegs um ein Veto Hollandes gegen den deutschen Finanzminister gehe, sondern um eine in den nächsten Wochen und Monaten zu schnürende Paketlösung, in der auch „politische Erwägungen“ berücksichtigt werden müssten. Das könnte bedeuten, dass Hollande seine Zustimmung zu Schäuble so lange hinauszögert, bis er mit der Ergänzung des Fiskalpakts zufrieden ist.
Moscovici gehört zum sozialdemokratischen Flügel seiner Partei und unterstützte bis zu dessen Sturz vor einem Jahr eine Präsidentschaftskandidatur des früheren Chefs des Internationalen Währungsfonds (IWF), Dominique Strauss-Kahn. Als er ins Finanzministerium im Pariser Viertel Bercy einzog, hatte er den Dreitagebart abrasiert, der zuvor zu seinem Markenzeichen geworden war. Als Leiter von Hollandes Wahlkampfteam organisierte er eine Kampagne nach dem Muster von Barack Obamas erfolgreichem Wahlfeldzug von 2008. Bei einem Interview auf dem Parlamentskanal LCP unterlief ihm allerdings im März ein peinlicher Versprecher: Aus der Unterstützer-Website „TousHollande.fr“ („Alle für Hollande“) machte er „Tout sauf Hollande“ („Alles, nur nicht Hollande“). Der Lapsus ist inzwischen Geschichte, wichtiger ist dafür das nächste Ziel für Moscovici und die Parti Socialiste: ein Sieg bei den Parlamentswahlen im Juni. Albrecht Meier
Albrecht Meier