Energiewende: Paradox beim Strompreis
Wenn der Preis für Strom an der Börse sinkt, steigt die EEG-Umlage, aus der auch der Betrieb von Windrädern oder Solaranlagen finanziert wird. Und mit der EEG-Umlage steigt der Preis. Erwartet werden 6,2 bis 6,5 Cent statt der aktuellen 5,3 Cent pro Kilowattstunde Strom.
In einem sind sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihr Herausforderer Peer Steinbrück (SPD) einig: Beide kündigten eine rasche Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) nach der Bundestagswahl an. Der Grund liegt auf der Hand: Auch im kommenden Jahr wird die EEG-Umlage, aus der auch der Betrieb von Windrädern oder Solaranlagen bezahlt wird, erneut steigen. Zwischen 6,2 und 6,5 Cent statt der in diesem Jahr gezahlten 5,3 Cent pro Kilowattstunde Strom halten die Experten für realistisch. Der Grund dafür liegt vor allem darin, dass der Börsenstrompreis in diesem Jahr konstant unter den Annahmen geblieben ist, auf deren Basis die Betreiber der Stromnetze die Umlage für das Jahr 2013 errechnet haben.
Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) hatte in der vergangenen Woche einen neuen Anlauf für eine „Strompreisbremse“ direkt nach der Bundestagswahl gefordert. Im Frühjahr war er mit seinem Vorschlag gescheitert, der allerdings gegen den sinkenden Börsenstrompreis auch nichts hätte ausrichten können. Dennoch argumentiert Altmaier: „Dazu würden für mich Maßnahmen zählen, die man relativ kurzfristig ergreift, damit die Menschen auch sehen, dass die Politik dem Kostenanstieg nicht hilflos ausgeliefert ist.“ Steinbrück war im TV-Duell dagegen vorsichtig gewesen. Er wolle „nichts versprechen, was ich nicht halten kann“, hatte er mit Blick auf den Strompreis gesagt.
Altmaier hat offen gelassen, wie er sich ein schnelles Eingreifen vorstellt. Eine Variante wäre es, einen Teil der Ausnahmeregelungen für die Industrie zu streichen. Altmaier hatte Anfang des Jahres tatsächlich vorgeschlagen, bis zu 700 Millionen Euro dieser Industrieprivilegien zu kürzen. Allerdings sollen die Ergebnisse der Forschungsaufträge, mit denen ermittelt werden sollte, bei welchen Branchen diese Einsparung möglich wäre, ohne deren Konkurrenzfähigkeit zu gefährden, erst Ende 2014 beziehungsweise Ende 2015 vorliegen. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion hervor.
Seit Mai wird das EEG-Umlagekonto im Minus geführt. Allein im Juli ging die Rechnung um eine knappe Milliarde Euro nicht auf. Insgesamt steht das EEG-Konto wegen der Schulden aus dem vergangenen Jahr mit 1,75 Milliarden Euro in den Miesen. Damit die Anlagenbetreiber ihr Geld bekommen, müssen die Betreiber der Stromnetze Kredite aufnehmen. Das wird nicht billig. So viel ist sicher.
Dagmar Dehmer