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Das Präventionsprojekt "Kein Täter werden" - hier die Homepage der Initiative - leistet seit Jahren eine anerkannte Arbeit.
© Bernd Wüstneck/dpa

Projekt "Kein Täter werden" in Berlin: Pädophilie: Präventionsstelle geht das Geld aus

Die Nachfrage nach Therapien ist größer als das Angebot. Doch nun muss die Berliner Präventionsstelle gegen Kindesmissbrauch um ihren Fortbestand bangen - die Förderung läuft aus.

Um die dauerhafte Finanzierung der bekannten Präventionsstelle „Kein Täter werden“ gibt es Streit. Nach Tagesspiegel-Informationen erhöhen Bundes- und Landespolitiker in diesen Tagen den Druck auf die Krankenkassen. Vertreter des Berliner Senats werden mit der Bundesregierung reden, um zu klären, wie die Kassen gesetzlich verpflichtet werden können, die Präventionsarbeit der Psychologen und Ärzte an der Berliner Charité zu unterstützen.

Im Dezember endet die Förderung des Präventionsprojekts durch das Bundesjustizministerium. Vor zehn Jahren startete das Projekt an der Charité mit Therapieangeboten für Männer mit pädophilen Neigungen. Jeder Hundertste Mann soll unterschiedlich stark von der Sexualstörung betroffen sein. Ziel ist es, potentielle Täter zu erreichen, bevor sie Kinder missbrauchen. Mittlerweile gibt elf Standorte – unter anderem in Leipzig, Hamburg und Düsseldorf. Allein in Berlin haben sich 500 Männer freiwillig einer Behandlung unterzogen.

Das Justizministerium finanziert seit 2008 die Berliner Zentrale des Präventionsnetzwerks. Anfangs lag der Förderbetrag bei jährlich 250.000 Euro, inzwischen sind es 585.000 Euro – und immer noch ist die Nachfrage nach Therapien größer als das Angebot. Mit dem Geld werden Psychologen und Ärzte auf dem Charité-Campus in Mitte sowie Koordinierung und Forschung für das Netzwerk bezahlt. Die anderen Projektstellen werden meist von den jeweiligen Bundesländern finanziert. Dazu kommt Hilfe aus der Charité selbst: Der Leiter des Projekts, Klaus Beier, etwa ist angestellter Professor der Universitätsklinik.

Das Justizministerium darf nicht dauerhaft fördern

Das Bundesjustizministerium kann „Kein Täter werden“ nicht länger unterstützen, weil das Haushaltsrecht eine dauerhafte Förderung von – eigentlich zeitlich begrenzten – Projekten untersagt. Die Weiterführung sei der Bundesregierung ein „wichtiges Anliegen“, sagt Justiz-Staatssekretär Christian Lange (SPD). Da sich die Arbeit der Therapeuten bewährt hätte, fordern Politiker aller Parteien, eine Finanzierung durch das Gesundheitswesen. Demnach wäre die Arbeit als Krankenbehandlung zu betrachten, nicht nur als Verbrechensbekämpfung. Man favorisiere eine „Implementierung im System der Krankenkassen“, sagte eine Sprecherin des Berliner Justizsenators Thomas Heilmann (CDU). Um eine „Fortführung der laufenden Therapien nicht zu gefährden“, verhandle man aber zunächst über eine Zwischenlösung unter der Federführung des Senats.

Kassen wollen kein Geld für "gesamtgesellschaftliche Aufgabe" geben

Die Kassen sperren sich. Im Frühjahr hatte Charité-Sexualmediziner Beier beim Spitzenverband der gesetzlichen Kassen eine Fünf-Jahres-Finanzierung beantragt, den dieser im Mai ablehnte. Eine solche Finanzierung sei nicht möglich, sagte eine Verbandssprecherin. Zwar sei „Kein Täter werden“ eine „sinnvolle und notwendige Aktivität“ – aber eben eine der Kriminalprävention. Eine solche „gesamtgesellschaftliche Aufgabe“ könne nicht durch Kassengelder finanziert werden, da müssten Steuermittel eingesetzt werden. Auch die privaten Krankenversicherungen lehnten ab.

Das Netzwerk „Kein Täter werden“ hat sich nun an das Gesundheitsministerium gewandt. Das Projekt solle als Modellvorhaben im Sozialgesetzbuch V verankert werden, fordern die Charité-Experten. Das würde bedeuten, dass die gesetzliche Krankenversicherung verpflichtet wäre, die Kosten zu übernehmen. Ob es darauf hinauslaufen wird, ist unklar. „Die Gespräche laufen noch“, sagte eine Ministeriumssprecherin. Angesichts der Gesamtausgaben der Kassen von 220 Milliarden Euro im Jahr wäre der Förderbetrag für das Charité-Projekt jedenfalls überschaubar. In den Versicherungen weisen vereinzelt Mitarbeiter darauf hin, dass nach wie vor mehr Kassenmittel durch Korruption versickerten, als Pädophilen-Behandlung je kosten werde.

Für die Grünen im Bundestag ist nicht nachvollziehbar, dass die Finanzierung noch nicht geklärt ist. „Es ist unredlich, derartige Projekte nur hervorzuheben, wenn sexuelle Gewalt gegen Kinder die Schlagzeilen beherrscht. Die Bundesregierung muss jetzt für eine dauerhafte Absicherung der Finanzierung sorgen“, sagte die Vize-Fraktionschefin der Grünen, Katja Dörner. Jede Tat, die verhindert werde, erspare Kindern unermessliches Leid.

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