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Wahlsieger in Österreich: ÖVP-Chef Sebastian Kurz
© AFP/APA/Georg Hochmuth
Update

Nationalratswahl in Österreich: ÖVP von Sebastian Kurz gewinnt klar – FPÖ stürzt ab

Sebastian Kurz und seine ÖVP stehen nach ihrem Wahlsieg vor schwierigen Koalitionsverhandlungen. Die Grünen sind der zweite Gewinner und gesprächsbreit.

Der triumphale Sieg von Ex-Kanzler Sebastian Kurz und seiner ÖVP bei der Wahl in Österreich ist noch etwas deutlicher ausgefallen als von den Hochrechnungen vorhergesagt: Laut dem von der Nachrichtenagentur APA am Sonntagabend verbreiteten vorläufigem Endergebnis, bei dem die Briefwähler noch nicht berücksichtigt sind, erhielt die konservative Partei am Sonntag 38,35 Prozent der Stimmen. Die ÖVP legte damit gegenüber der Wahl von 2017 um 6,88 Prozentpunkte zu.

Auf dem zweiten Platz landete die sozialdemokratische SPÖ mit 21,54 Prozent, was 5,32 Punkte weniger als vor zwei Jahren und ein historisch schlechtes Ergebnis sind. Kurz' bisheriger Koalitionspartner, die rechtspopulistische FPÖ, erhielt nach der "Ibiza-Affäre" nur noch 17,25 Prozent der Stimmen. Das ist ein Minus von 8,72 Punkten.

Einen deutlichen Sprung nach oben machten die Grünen, die bei der Wahl 2017 noch an der Vier-Prozent-Hürde scheiterten. Sie kommen nun auf 12,35 Prozent, das bedeutet ein Plus von 8,55 Punkten. Und auch die liberalen Neos sind mit 7,36 Prozent wieder im Nationalrat vertreten, sie erkämpften ein Plus von 2,06 Prozent.

In Mandaten bedeutet das vorläufige Ergebnis vom Sonntag laut APA folgende Verteilung: Die ÖVP kommt auf 73 Sitze im neuen Nationalrat, die SPÖ auf 41, die FPÖ auf 32. Die Grünen erhalten 23 und die Neos 14 Mandate. Damit hätten ÖVP und Grüne überraschend gemeinsam genug Mandate für ein Bündnis.

Die Wahlbeteiligung lag laut vorläufigem Wahlergebnis bei 60,6 Prozent. Die Briefwähler werden den Angaben zufolge die Beteiligung aber noch stark anheben, Hochrechnungen zufolge auf knapp über 75 Prozent. 2017 hatten 80 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben.

Die Wahl war durch den Bruch der ÖVP-FPÖ-Koalition im Mai nötig geworden. Das Bündnis zerbrach wegen des Skandals um das Ibiza-Video, das den Ex-Vizekanzler und Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache massiv in Misskredit gebracht hatte.Die Regierungskrise rund um das Ibiza-Video, die zur Neuwahl führte, schadete Kurz und seiner Partei in keiner Weise.

FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky deutete an, dass die Partei ihre Rolle künftig in der Opposition sieht. Auch FPÖ-Chef Norbert Hofer sah im Wahlausgang keinen Auftrag „zu einem progressiven Eintritt in Koalitionsgespräche“.

Wahlsieger Kurz sagte am Abend, dass er nun mit allen im Parlament vertretenen Parteien die Möglichkeiten für ein Regierungsbündnis ausloten wolle. „Ich werde mir jeden Schritt sehr gut überlegen“, sagte Kurz.

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ÖVP holt 15 Punkte Vorsprung

Grünen-Chef Kogler bezeichnete das gute Wahlergebnis für die Grünen als „Sunday For Future“. Die Grünen seien gesprächsbereit, aber wirkliche Koalitionsverhandlungen ergäben nur Sinn, wenn sich die ÖVP bei den Themen Korruptionsbekämpfung, Kinderarmut und Klimaschutz bewege. SPÖ-Chefin Rendi-Wagner bedauerte das schlechte Ergebnis ihrer Partei. Sie zeigte sich aber zuversichtlich, dass es mit dem Wahlergebnis keine Neuauflage der ÖVP-FPÖ-Regierung geben werde.

Der Abstand der ÖVP auf die zweitstärkste Kraft beträgt mehr als 15 Punkte - ein Rekordwert bei Nationalratswahlen in der Alpenrepublik. Am Sonntag waren 6,4 Millionen Österreicher zur Wahl aufgerufen. Da mehr als eine Million Stimmen von Briefwählern erst am Montag ausgezählt werden, wird am Sonntagabend von Seiten der Wahlleitung nur das Ergebnis der Urnenwahl verkündet. Die Hochrechnungen berücksichtigen aber bereits das voraussichtliche Ergebnis der Briefwahl.

Die ÖVP hatte den Wahlkampf ganz auf Ex-Kanzler Kurz zugeschnitten. Der 33-Jährige warb damit, dass er den Weg der Modernisierung des Standorts Österreich fortsetzen wolle. Viele Wähler - so ein Ergebnis der TV-Duelle - sprechen ihm hohe Wirtschaftskompetenz zu. Migrations- und Asylfragen spielten keine so dominante Rolle wie im Wahlkampf 2017.

Die FPÖ hatte für eine Fortsetzung der bisherigen ÖVP-FPÖ-Koalition geworben und vor einem Linksruck bei einer Koalition der ÖVP mit anderen Parteien gewarnt. Die SPÖ setzte auf Themen wie bezahlbares Wohnen, einen steuerfreien Mindestlohn von 1700 Euro und generell Menschlichkeit. Die Grünen fordern unter anderem eine CO2-Steuer, günstige Tickets für den Nahverkehr und eine flächendeckende Lkw-Maut.

Neben Ibiza-Affäre noch mehr Vorwürfe gegen Strache

Das von „Spiegel“ und „Süddeutscher Zeitung“ veröffentliche Ibiza-Video von 2017, das Strache anfällig für Korruption erscheinen lässt, hatte eine Kettenreaktion ausgelöst. Nach dem Rücktritt Straches von allen Ämtern kündigte Kurz auch die Koalition auf. Wenige Tage später folgte ein Misstrauensvotum, mit dem Kurz als Kanzler vom Nationalrat gestürzt wurde. Seitdem regiert ein Expertenkabinett unter Kanzlerin Brigitte Bierlein das Land. Es bleibt bis zur Bildung einer neuen Regierung im Amt.

Der Wahlkampf war zuletzt auch geprägt von Vorwürfen, dass der Ex-FPÖ-Chef Strache über ein üppiges Spesenkonto verfügt haben und bei der Abrechnung von Belegen nicht korrekt vorgegangen sein soll. Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt gegen den 50-Jährigen wegen des Verdachts der Untreue. Strache weist die Vorwürfe vehement zurück.

Kurz hat sich bisher bedeckt gehalten, mit welchem Partner er weiter regieren möchte. Eine Fortsetzung der ÖVP-FPÖ-Koalition wurde bisher laut Umfragen von vielen Wählern am meisten gewünscht. Viele politische Beobachter rechnen mit zähen Verhandlungen und einer Regierungsbildung erst rund um den Jahreswechsel. (dpa)

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