Newsticker zum Abschuss von MH17 in der Ukraine: OSZE-Mission beklagt chaotische Zustände am Absturzort
Die Ermittlungen am Absturzort der malaysischen Passagiermaschine mit 298 Menschen an Bord werden nach OSZE-Angaben weiter durch Einschüchterungen und chaotische Zustände erschwert. Lesen Sie alle wichtigen Ereignisse in unserem Newsticker.
+++ OSZE-Mission beklagt chaotische Zustände am Absturzort +++
Die Ermittlungen am Absturzort der malaysischen Passagiermaschine mit 298 Menschen an Bord werden nach OSZE-Angaben weiter durch Einschüchterungen und chaotische Zustände erschwert. Die Experten der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) würden in der Ostukraine bei jedem Schritt von bewaffneten und zum Teil maskierten Männern verfolgt, berichtete der OSZE-Sprecher Michael Bociurkiw am Samstagabend aus Donezk dem US-Sender CNN. „Das Problem ist, dass es keine Absperrung des Ortes gibt, wie sonst üblich. Jeder kann da rein und womöglich mit Beweisstücken herumhantieren“, kritisierte der Kanadier.
Um die Arbeit der eigentlichen Spezialisten am Absturzort vorbereiten zu können, bräuchten die OSZE-Mitarbeiter Bewegungsfreiheit und eine Atmosphäre der Ruhe. Das sei nicht gegeben. „Es sind in einiger Entfernung heftige Gefechte zu hören. Es ist wirklich einschüchternd, dorthin (zum Absturzort) zu fahren und das zu hören.“ Auf Seiten der Aufständischen fehle es an Ansprechpartnern. „Es gibt dort keinen eindeutigen Befehlshaber“, sagte Bociurkiw. Das erschwere auch die Suche nach den beiden Flugschreibern der Boeing. Es sei unklar, wo sich die Geräte befinden. „Niemand kann das beantworten.
+++ Rebellen räumen Abtransport von Leichen ein +++
Die Separatisten in der Ostukraine haben den Abtransport sterblicher Überreste von der Absturzstelle der Passagiermaschine bestätigt. „Einige Dutzend Leichen“, die mitten in der Ortschaft Grabowo gelegen hätten, seien „in Anwesenheit von OSZE-Beobachtern“ nach Donezk gebracht worden, sagte der Rebellensprecher Sergej Kawtaradse. „Es war aus hygienischen Gründen unmöglich, sie weiter dort liegen zu lassen“, sagte Kawtaradse. Die Leichen würden in Donezk ausländischen Experten übergeben. Zuvor hatte die ukrainische Führung den Aufständischen vorgeworfen, Beweismaterial vom Absturzort zu entwenden.
+++ Berichte über verschwundene Kreditkarten von MH17-Toten +++
Nach dem mutmaßlichen Abschuss einer malaysischen Passagiermaschine über umkämpftem Gebiet in der Ostukraine haben niederländische Banken Vorsichtsmaßnahmen gegen möglichen Kreditkarten-Betrug eingeleitet. Es gebe Berichte, wonach Kreditkarten von Absturz-Opfern vom Trümmerfeld "gestohlen" worden sein, teilte der niederländische Bankenverband am Samstag mit. Mögliche illegale Abbuchungen würden den Angehörigen ersetzt, hieß es in der Erklärung. Unter den 298 Toten waren 192 Niederländer.
+++ Niederländische Polizei bittet Opfer-Angehörige um DNA-Proben +++
Niederländische Ermittler haben nach dem Absturz des malaysischen Passagierflugzeugs in der Ostukraine mit dem Sammeln von DNA-Vergleichsmaterial begonnen. Insgesamt 80 Beamte hätten seit Samstagmorgen in den Niederlanden "40 Adressen" aufgesucht, um Angehörige der Passagiere um Proben zu bitten, sagte ein Sprecher der forensischen Abteilung der niederländischen Polizei. In den kommenden Tagen sollten Angehörige aller 192 bei dem Absturz getöteten niederländischen Staatsbürger von den Experten besucht werden. Benötigt würden neben den DNA-Proben auch Informationen etwa über Operationsnarben, Tattoos oder die Haarfarbe der zu Identifizierenden.
+++ Moskau fordert von Kiew Daten zur ukrainischen Luftabwehr +++
Nach dem Absturz des malaysischen Passagierjets im Raum von Donezk in der Ostukraine hat Moskau von der Führung in Kiew gefordert, alle Daten zur ukrainischen Luftabwehr im Konfliktgebiet offenzulegen. Kiew habe einer zuständigen Kommission einen detaillierten Einblick zu gewähren, wie die Ukraine ihre Boden-Luft- und Luft-Luft-Raketen verwende, sagte Russlands Vizeverteidigungsminister Anatoli Antonow am Samstag in einem Interview für den TV-Sender Rossija-24. „Das ist eine überaus wichtige Frage. Die Antwort darauf wird es uns gestatten zu bestimmen, welche Systeme gegen die malaysische Boeing verwendet wurden“, sagte der Militär, wie die Nachrichtenagentur Ria Novosti meldete.
+++ MH-17-Hinterbliebene warten in Amsterdam auf Flug in die Ukraine +++
Hinterbliebene der Insassen des malaysischen Passagierflugzeugs, das im Osten der Ukraine abgestürzt ist, haben sich am Flughafen Amsterdam-Schiphol versammelt, um zum Absturzort zu reisen. Es sei aber "unklar", wann die Reise der Hinterbliebenen in das Konfliktgebiet starten könne, sagte eine Sprecherin der Fluggesellschaft Malaysia Airlines am Samstag. Eine Maschine stehe zum Abflug bereit, aber der Zugang zum Absturzort sei nicht geklärt. Der Absturzort liege 500 Kilometer von der ukrainischen Hauptstadt Kiew entfernt, erläuterte die Sprecherin. "Wenn viele Menschen da hin wollen, ist ein großer Organisationsaufwand erforderlich." Eine konkrete Zahl der auf den Flug zum Unglücksort wartenden Hinterbliebenen wollte sie nicht nennen.
+++ BKA-Experten in die Ukraine gereist +++
Zwei Fachleute des Bundeskriminalamtes (BKA) sind am Samstag zur Bergung und Identifizierung der Absturzopfer in die Ukraine gereist. Ein BKA-Sprecher sagte, die Mitglieder der Identifizierungskommission seiner Behörde seien um kurz nach 14 Uhr von Deutschland aus nach Kiew geflogen. Dort wollten sich die Deutschen mit einem größeren Team von Identifizierungsexperten aus den Niederlanden und voraussichtlich auch aus der Ukraine treffen und das weitere Vorgehen besprechen. Die Lage sei recht unübersichtlich. Sowohl der genaue Einsatzort als auch die Führung der Mission müssten noch geklärt werden.
+++ Kuala Lumpur: Maschine war nie in gesperrtem Luftraum +++
Malaysias Transportminister hat Berichte zurückgewiesen, das über der Ukraine abgestürzte Flugzeug sei womöglich vom Kurs abgewichen. „Die Flugroute war so etwas wie eine Autobahn am Himmel“, sagte Liow Toing Lai in Kuala Lumpur. „Es war eine Route, die die internationalen Luftfahrtbehörden festgelegt haben. Die Maschine ist nie in gesperrtem Luftraum geflogen“, versicherte er. Alle Beteiligten hätten alle Regeln eingehalten. „Aber am Boden sind die Gepflogenheiten der Kriegsführung gebrochen worden. Es sieht so aus, als sei MH17 abgeschossen worden, ein inakzeptabler Akt der Aggression.“ Malaysia sei sehr besorgt, weil die Absturzstelle noch nicht gesichert sei, sagte Liow.
„Es gibt Anzeichen, dass wichtige Beweisstücke nicht mehr vor Ort sind“, sagte er, wahrscheinlich mit Blick auf Medienberichte, dass die Blackbox der Maschine geborgen wurde. Liow sagte weiter, er werde persönlich nach Kiew reisen, um die Ermittlungen vor Ort zu begleiten.
+++ Stiefgroßmutter des Premiers von Malaysia an Bord +++
Der malaysische Premierminister Najib Razak hat bestätigt, dass sich seine Stiefgroßmutter unter den Passagieren des Fluges MH 17 befand. 298 people aboard flight MH17. Er könne persönlich das Leid der Familien teilen, deren Angehörige Opfer der Katastrophe wurden, twitterte er. Die Zeitung "Star" identifizierte Najibs Stiefgroßmutter als Siti Amira, eine 83-jährige Indonesierin. Sie hatte ihre Tochter in Amsterdam besucht und war zurück auf dem Weg nach Jogjakarta.
+++ Merkel telefoniert mit Putin +++
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat am Samstagvormittag mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin telefoniert. Beide stimmten darin überein, dass eine internationale, unabhängige Kommission unter Leitung der ICAO rasch Zugang zur Absturzstelle der Passagiermaschine der Malaysia Airlines im Osten der Ukraine erhalten müsse, um die Umstände des Absturzes zu klären und die Opfer zu bergen. Beide waren sich, wie Regierungssprecher Steffen Seibert weiter mitteilte, auch einig, dass es rasch ein direktes Treffen der Kontaktgruppe, bestehend aus Vertretern der Ukraine, Russlands und der OSZE, geben müsse, um einen Waffenstillstand zu vereinbaren. Die Bundeskanzlerin forderte Putin erneut auf, seinen Einfluss auf die Separatisten in diesem Sinne zu nutzen.
+++ Linke: Zivilluftfahrtorganisation ICAO soll Untersuchungen übernehmen +++
Aus Sicht der Linkspartei wäre es "richtig und sinnvoll", wenn die internationale Zivilluftfahrtorganisation ICAO den Absturz von MH 17 untersucht. Der Linke-Außenpolitiker Stefan Liebich sagte dem Tagesspiegel, sowohl Moskau, Kiew als auch die Separatisten verfolgten eigene Interessen, "man kann keinem so richtig über den Weg trauen". Am Donnerstag hatte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon bereits eine "umfassende, transparente und internationale Untersuchung" verlangt, bei der der ICAO eine Rolle zufallen könnte. Die im kanadischen Montréal ansässige UN-Sonderorganisation hat ihre Unterstützung bei den Ermittlungen bereits angeboten.
+++ Kiew wirft Separatisten Zerstörung von Beweismaterial vor +++
Die ukrainische Regierung hat den prorussischen Separatisten im Osten des Landes vorgeworfen, mit Hilfe Russlands Beweismaterial zum Absturz der malaysischen Passagiermaschine zerstören zu wollen. Die Rebellen hätten 38 Leichen vom Absturzort weggeschafft und hinderten ukrainische Ermittler am Zugang zu dem Gebiet, hieß es in einer am Samstag verbreiteten offiziellen Erklärung.
Kiew wirft den Aufständischen im Osten des Landes vor, die Maschine von Malaysia Airlines am Donnerstagabend abgeschossen zu haben.
+++ Einigung auf Sicherheitszone am Absturzort +++
Am Ort des Absturzes des malaysischen Passagierflugzeugs im Osten der Ukraine ist eine Sicherheitszone vereinbart worden. Wie der Chef der ukrainischen Sicherheitsbehörden, Valentin Naliwaitschenko, am Samstag in Kiew mitteilte, wurde die Vereinbarung über die weiträumige Sicherheitszone zwischen der Ukraine, Russland, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und den prorussischen Separatisten getroffen, die das Gebiet kontrollieren.
Die "wichtigste Aufgabe" bestehe zunächst darin, die Leichen der 298 Absturzopfer zu identifizieren und die Toten den Hinterbliebenen zu übergeben, sagte Naliwaitschenko. Die Passagiermaschine von Malaysia Airlines war am Donnerstag im umkämpften Osten der Ukraine abgestürzt. Sie war zuvor nach Einschätzung von US-Experten von einer Rakete getroffen worden, die aus dem von den Separatisten kontrollierten Gebiet abgefeuert worden war. Unter den Insassen des Flugzeugs der Malaysia Airlines waren 189 Niederländer, dutzende Malaysier sowie vier Deutsche. Aus mehreren Ländern reisten Expertenteams in die Ukraine, um sich an der Aufklärung des Hergangs zu beteiligen. Auch das Bundeskriminalamt (BKA) kündigte am Freitag die Entsendung von zwei Experten an, um bei der Bergung und Identifizierung der Opfer zu helfen.
Union hält UN-Blauhelmeinsatz für denkbar
Nach dem Flugzeugabschuss in der Ostukraine hält die Union einen UN-Blauhelmeinsatz mit deutscher Beteiligung in dem umkämpften Gebiet für denkbar. “Wir brauchen jetzt schnellstmöglich einen international überwachten Waffenstillstand“, sagte Unionsfraktionsvize Andreas Schockenhoff der “Rheinischen Post“. Es könne nicht mehr so weiter gehen, dass es immer wieder Feuerpausen gebe, die nur von einer Seite eingehalten würden.
“Wir sind jetzt in einer Phase, in der wir über einen Blauhelmeinsatz unter dem Dach der Vereinten Nationen mit einem entsprechenden Mandat nachdenken müssen“, erklärte Schockenhoff. Eine Beteiligung der Bundeswehr an einem solchen UN-Einsatz schloss er nicht aus: “Wenn eine solche Mission zustande kommen sollte, würde auch Deutschland gefragt sein.“
Über dem umkämpften Osten der Ukraine war am Donnerstag eine Passagiermaschine mit etwa 300 Menschen an Bord abgestürzt. Die Boeing 777 der Malaysia Airlines war auf dem Weg von Amsterdam nach Kuala Lumpur, als sie etwa 40 Kilometer von der ukrainisch-russischen Grenze entfernt verunglückte. Nach US-Darstellung hat eine aus dem Rebellengebiet abgefeuerte Flugabwehrrakete das Passagierflugzeug getroffen. Die Vereinten Nationen forderten eine sofortige Waffenruhe und eine internationale Untersuchung des Absturzes.
+++ Separatisten hindern OSZE-Beobachter, an die Unfallstelle zu gelangen +++
Separatisten hindern OSZE und internationale Unfallexperten Unfallstelle in Ost-Ukraine zu untersuchen, jetzt will Großbritannien sechs Fachleute in die Ukraine schicken. Die internationalen Beobachter durften sich auf Geheiß der prorussischen Separatisten, die in der Gegend das Sagen haben, nicht gänzlich frei an der Absturzstelle bewegen. Am Samstag wollen sie erneut versuchen, das Trümmerfeld zu inspizieren.
Derweil ist es unter den Separatisten offenbar zu Spannungen gekommen, einer der Anführer der „Volksrepublik Donezk“ ist zurückgetreten, Dennis Puschilin, will in Moskau bleiben. Die Kämpfe in Lugansk und Donezk gingen auch in der Nacht weiter. Vor allem in Lugansk ist es gestern zu grausamen Szenen gekommen, bei hochsommerlichen Temperaturen sind in der Stadt mehrere Zivilsten erschossen worden, die Leichen lagen viele Stunden in einem Wohngebiet, die Separatisten hatten verhindert, dass Krankenwagen durchkamen. Bilder davon, gingen durch viele Medien.
+++ Obama telefoniert mit Angela Merkel wegen neuer Sanktionen gegen Russland +++
US-Präsident Barack Obama hat nach dem mutmaßlichen Abschuss eines malaysischen Passagierflugzeugs über der Ostukraine mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) telefoniert. Obama sprach am Freitag auch mit dem britischen Premierminister David Cameron, Polens Premierminister Donald Tusk und Australiens Premierminister Tony Abbott, teilte das Weiße Haus mit. Alle fünf Politiker sprachen sich in den Telefonaten demnach für eine schnelle internationale Untersuchung aus, um die Hintergründe des Absturzes der malaysischen Maschine mit 298 Toten zu klären. Mit Merkel sprach Obama auch über die neuen Sanktionen der USA und der EU gegen Russland.
+++ Offenbar doch nur wenige Aids-Konferenz-Teilnehmer an Bord von MH17 +++
An Bord der in der Ostukraine verunglückten Maschine von Malaysia Airlines haben offenbar doch nur sehr wenige Teilnehmer der Welt-Aids-Konferenz in Melbourne gesessen. Die Präsidentin der Internationalen Aids-Stiftung, Françoise Barré-Sinoussi, erklärte am Samstag, nach Kontakten mit den Behörden in Australien, Malaysia und den Niederlanden seien bislang nur sechs Vertreter bestätigt. Die Zahl könne "ein wenig höher" sein, fügte sie hinzu, sie liege jedoch nicht in den berichteten Dimensionen.
Australische Medien hatten am Freitag berichtet, dass rund hundert Konferenzteilnehmer in der Maschine mit der Flugnummer MH17 saßen, die am Donnerstag in der Ostukraine abgestürzt war. Auch der Chef des UN-Aidsprogramms, Michel Sidibe, schrieb via Twitter, dass "viele Passagiere" auf dem Weg zu der Konferenz gewesen seien, die am Sonntag im australischen Melbourne beginnt. Bestätigt ist indes der Tod des führenden niederländischen Aids-Forschers Joep Lange. Auch Glenn Thomas von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) starb bei dem Unglück. Beide waren auf dem Weg zu der Konferenz. (mit AFP, dpa)
Lesen Sie hier noch einmal die Ereignisse des Freitags in unserem Newsticker oder die Reportage "Ein Angriff auf die halbe Welt".
Nina Jeglinski, Matthias Meisner