Langes Ringen um Finanztransaktionssteuer: Österreichischer Kanzler stemmt sich gegen Aktiensteuer auf EU-Ebene
Olaf Scholz hat Einnahmen aus der Steuer für die Grundrente eingeplant. Sebastian Kurz will die Aktiensteuer auf EU-Ebene blockieren.
Österreichs Kanzler Sebastian Kurz will die von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) verfolgten Pläne für eine Finanztransaktionssteuer auf EU-Ebene blockieren. Nach einem Treffen der deutschen und österreichischen Regierungschefs am Montagmittag bezeichnete Angela Merkel die Angelegenheit als „schwierige Kiste“. Der aktuelle Stand sei, dass Österreich bei der Finanztransaktionssteuer nicht mitmache, was sie bedauere.
Nach Angaben von Kanzlerin Angela Merkel ist Deutschland zu weiteren Gesprächen in der EU über die geplante Finanztransaktionssteuer bereit. Man könne reden, „aber es darf nicht so sein, dass mit einer Veränderung andere Länder abspringen“, sagte Merkel. Es sei in der EU leider so, dass man schnell Zustimmung ernte, wenn man eine Finanztransaktionssteuer fordere, dass aber viele wieder abspringen würden, wenn es eine Konkretisierung gebe. Deshalb stecke man in einem Dilemma.
Bei ihrem Treffen hatten sich Merkel und Kurz über verschiedene Aspekte der deutsch-österreichischen Beziehungen und der europäischen Politik ausgetauscht.
Vor seinem Treffen mit Angela Merkel sagte Kurz der Zeitung „Die Welt“ (Montagsausgabe), sein Land werde die vorgeschlagene Finanztransaktionssteuer in der von Finanzminister Olaf Scholz vorgelegten Variante nicht akzeptieren. „Wir werden jedenfalls alles tun, um das zu verhindern.“ Die SPD-Fraktion warf Kurz „politische Augenwischerei“ vor.
EU verhandelt seit 2011 über Steuer
Über eine Finanztransaktionssteuer wird auf EU-Ebene seit 2011 verhandelt. Unter den Staaten gab es keine Mehrheit, einige Länder versuchen nun, die Abgabe per „vertiefter Zusammenarbeit“ einzuführen. Nach Scholz' Vorschlag soll bei Aktienkäufen eine Steuer von 0,2 Prozent anfallen. Es sollen jedoch nicht alle Finanzgeschäfte besteuert werden.
Kurz kritisierte, die Pläne aus Berlin und Paris hätten mit den ursprünglichen Vorschlägen aus zahlreichen EU-Ländern nichts mehr zu tun. „Wir sind dagegen, hochspekulative Geschäfte und Derivate von einer Finanztransaktionssteuer auszunehmen und stattdessen die Realwirtschaft und die Kleinanleger zu bestrafen. Wir wollen die Spekulanten besteuern, nicht die Sparer, die in Zeiten einer Niedrigzinspolitik zur Altersvorsorge in Aktien investieren.“
Er wäre „vorsichtig, die möglichen Einnahmen aus der Finanztransaktionssteuer jetzt schon zu verplanen“, betonte Kurz. Scholz rechnet mit Einnahmen von 1,5 Milliarden Euro jährlich. Das Geld ist zur Finanzierung der Grundrente vorgesehen.
Gegner werfen Kurz falsches Spiel vor
SPD-Fraktionsvize Achim Post warf Kurz ein falsches Spiel vor. Auch die SPD wünsche sich eine umfassendere Steuer - dafür werde es in absehbarer Zeit aber keine Mehrheit in Europa geben. „Die Alternative zum deutsch-französischen Modell ist deshalb keine bessere Finanztransaktionssteuer, sondern überhaupt keine.“ Kurz geriere sich als Vorkämpfer gegen Finanzspekulanten, betreibe aber faktisch das Spiel derjenigen, die die Steuer ganz verhindern wollten.
Auch das Finanzministerium verteidigte Scholz' Pläne: International habe sich eine solche Steuer bewährt, fast die Hälfte der G20-Staaten habe sie. Es sei nicht einzusehen, warum beim Kauf eines Apfels Steuern anfielen, bei Aktien aber nicht, sagte ein Sprecher am Montag.
Einer Untersuchung des Kieler Instituts für Weltwirtschaft zufolge trifft die Steuer nicht, wie oft kritisiert, hauptsächlich Kleinanleger, sondern überwiegend professionelle Investoren. Ein Großteil des Steueraufkommens würde etwa von privaten US-Fonds oder von Staatsfonds geleistet, da diese die meisten Dax-Aktien hielten. (Tsp, dpa, Reuters)
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