Flüchtlingskrise: Österreich erhöht Druck auf Griechenland und Türkei
Österreichs Kanzler Werner Faymann setzt darauf, dass die Türkei Flüchtlinge aus Griechenland wieder zurücknimmt. Anderenfalls will er eine verstärkte Sicherung der österreichischen Grenzen ins Auge fassen.
Österreich erhöht in der Flüchtlingskrise den Druck auf Griechenland und die Türkei. Nach einem Treffen der EU-Außenminister kritisierte der österreichische Ressortchef Sebastian Kurz am Wochenende im Amsterdam scharf das Verhalten der griechischen Behörden. „Ich habe noch immer nicht das Gefühl, dass es ein Bewusstsein dafür gibt in Griechenland, wie ernst die Situation bei uns in den Zielländern ist“, sagte Kurz. Zuvor hatte der österreichische Regierungschef Werner Faymann gefordert, dass alle an der griechischen EU-Außengrenze von der Grenzschutzagentur Frontex aufgegriffenen Flüchtlinge direkt in die Türkei zurückgeschickt werden müssten.
Schulterschluss zwischen ÖVP- und SPÖ-Koalitionären
Die österreichische Regierung hatte im vergangenen Monat eine Obergrenze bei der Aufnahme der Flüchtlinge verkündet. Österreich will in diesem Jahr nur noch 37 500 Flüchtlinge aufnehmen. Aus diesem Grund dringt die Große Koalition in Wien nun verstärkt auf eine rasche Begrenzung der Flüchtlingszahlen – und zwar parteiübergreifend, wie die Appelle des sozialdemokratischen Regierungschefs Faymann und des konservativen ÖVP-Ministers Kurz zeigen.
Österreichs Finanzminister fordert mehr EU-Gelder für "willige" Mitgliedstaaten
Gleichzeitig forderte Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) in einem Brief an EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker, dass Österreich für die Mehrausgaben bei der Flüchtlingskrise entschädigt werden müsse. Bereits Ende Januar hatte Schelling in dem Schreiben folgende Rechnung aufgemacht: Österreich habe im vergangenen Jahr Mehrausgaben von rund 600 Millionen Euro verbuchen müssen, da statt der eigentlich zu verkraftenden 35.000 Asylbewerber 90.000 Schutzsuchende gekommen seien. Nach Angaben der Zeitung „Kurier“ verlangt Schelling von der EU-Kommission substanziell mehr Geld für „willige“ Länder wie Schweden, Deutschland und Österreich, die über Gebühr Flüchtlinge aufnehmen. Konkret schlägt der Kassenwart den Angaben zufolge unter anderem vor, den EU-Fonds Amif („Asylum, Migration and Integration Fund“) aufzustocken und die „willigen“ Länder in einem neuen Verteilungsschlüssel stärker zu berücksichtigen. Zudem sollen nicht verbrauchte EU-Haushaltsgelder an die besagten Länder ausgezahlt werden.
CDU-Europaabgeordneter Brok reagiert skeptisch auf Wiener Vorschlag
Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Europaparlament, Elmar Brok, reagierte zurückhaltend auf den Vorschlag des österreichischen Finanzministers. „Zunächst muss es darum gehen, EU-Gelder für den gemeinsamen Schutz der europäischen Außengrenzen und für die Hilfe in den Herkunftsländern der Flüchtlinge bereitzustellen“, sagte Brok dem Tagesspiegel. „Dies muss jetzt die oberste Priorität sein“, sagte der CDU-Politiker weiter. „Über alles andere kann man später reden.“
In der Flüchtlingskrise verfolgt die österreichische Regierung eine Doppelstrategie, die sowohl den Dialog mit der Türkei als auch einen möglichen „Plan B“ zur verstärkten Sicherung der österreichischen Grenze beinhaltet. Faymann sagte der Zeitung „Österreich“, dass er dem türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu in der vergangenen Woche seinen „Plan A“ vorgeschlagen habe, dem zufolge die EU-Grenzschutzagentur Frontex alle Flüchtlinge in der Ägäis retten, aber anschließend wieder in die Türkei zurückbringen müsse. Falls die Türkei bei dieser „Maximalvariante“ nicht mitspiele, müssten die österreichischen Grenzen noch stärker gesichert werden, sagte Faymann weiter. Ob nach diesem Szenario die Kontrollen nicht nur am Übergang Spielfeld an der österreichisch-slowenischen Grenze, sondern auch an den Übergängen an möglichen Ausweichrouten verstärkt werden sollten, müsse bis zum kommenden EU-Gipfel am 18. und 19. Februar geklärt werden, sagte der österreichische Regierungschef.
UNHCR: Zustrom der Flüchtlinge aus der Türkei schwillt weiter an
Ganz auf den bevorstehenden EU-Gipfel ausgerichtet ist auch der Terminkalender von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in diesen Tagen. Am Sonntagnachmittag wollte die Kanzlerin in Straßburg mit dem französischen Staatschef François Hollande über die Flüchtlingskrise und den drohenden „Brexit“ sprechen, der in Brüssel beim Gipfel in knapp zwei Wochen ebenfalls auf der Agenda stehen wird. Vor dem informellen Treffen mit Hollande, das später bei einem Abendessen mit EU-Parlamentschef Martin Schulz (SPD) in Straßburg fortgesetzt wurde, hieß es aus diplomatischen Kreisen, dass von der Türkei in der Flüchtlingskrise bei der Grenzsicherung noch größere Anstrengungen erwartet würden. Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR setzten seit Beginn dieses Jahres mehr als 68 000 Menschen von der türkischen Ägäisküste zu den griechischen Inseln über. An diesem Montag trifft Merkel in Ankara den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan und Regierungschef Davutoglu. Derweil nimmt unter den Flüchtlingen nach einem Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ der Anteil von Irakern und Afghanen sowie Migranten aus dem Maghreb zu. Unter Berufung auf einen hohen Beamten der EU-Kommission hieß es in dem Bericht, dass 40 Prozent der Migranten, die zuletzt auf der Balkanroute nach Westeuropa gelangten, keine Aussicht auf Schutz hätten. Der Anteil der Syrer betrug demnach im Januar nur noch 39 Prozent.
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