Strompreise und Energiewende: Ost-Länder pochen auf Angleichung der Netzentgelte
Mehr Ökostrom, mehr Netzkosten: Der Osten sieht sich bei den Strompreisen wirtschaftlich benachteiligt. Die Bundesregierung soll zügig handeln, fordern die Ministerpräsidenten.
Die ostdeutschen Ministerpräsidenten pochen darauf, die Kosten der Energiewende gerechter zu verteilen. Will heißen: Die Kunden im Osten, Privathaushalte wie Unternehmen, die wegen der hohen Netzentgelte relativ hohe Strompreise zahlen, sollen endlich entlastet werden. In einem Brief im Namen aller Kollegen an Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) mahnt der brandenburgische Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) eine zügige Umsetzung des Netzentgeltmodernisierungsgesetzes vor. Den Entwurf dazu hatte Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) Anfang November in die Ressortabstimmung innerhalb der Regierung gegeben. Er sieht vor, dass das Wirtschaftsministerium eine einheitliche Höhe der bisher regional sehr unterschiedlichen Netzentgelte per Verordnung festlegen darf. Doch die bis Jahresende geplante Beschlussfassung im Kabinett fand weder am vergangenen Freitag noch am Mittwoch statt.
Woidke stellt in dem Schreiben, das dem Tagesspiegel vorliegt, fest, dass „von einigen Seiten massive Vorbehalte und Bedenken“ gegen das Gesetz vorgebracht würden. Gemeint sind wohl westdeutsche Länder, in denen die Stromkosten zum Teil deutlich unter denen im Osten liegen, weshalb das Interesse an einer Angleichung der Preise über einen regionalen Ausgleich gering ist. Im Saarland, in Schleswig-Holstein und in Nordrhein-Westfalen sind zudem im März und Mai Landtagswahlen. Die hohen Strompreise im Osten - einschließlich Berlin - gehen auf die höheren Netzentgelte zurück, die wiederum aus dem deutlich größeren Anteil an Ökostromanlagen im Osten mit einem entsprechend größeren Netzausbau resultieren.
"Wirtschaftliche Benachteiligung"
„Die wirtschaftliche Benachteiligung der ostdeutschen Länder liegt damit auf der Hand“, schreibt Woidke. Es herrschten keine gleichen Wettbewerbsbedingungen mehr, was zu Fehlanreizen und zum Verlust von Arbeitsplätzen führen könne. Ein Stahlwerk im Osten mit einem Verbrauch von 500000 Megawattstunden zahle ein Netzentgelt von 10,3 Millionen Euro, eines in Nordrhein-Westfalen dagegen nur 4,9 Millionen Euro. Noch höher sind demnach die Unterschiede bisweilen bei kleinen Mittelständlern. Bei den Privathaushalten rechnet Woidke vor, dass eine Familie mit 3500 Kilowattstunden Stromverbrauch im Jahr in Bremen 198 Euro Netzentgelt zahle, in Nordbrandenburg dagegen 416 Euro.
Woidkes Fazit: „Es kann nicht sein, dass manche Kostender Energiewende, wie etwa für Offshore-Netzanbindungen sowie die Mehrkosten für Erdverkabelung, bereits heute bundesweit verteilt werden, und andere Netzkosten, die ebenfalls der Energiewende dienen, nicht.“ Er verweist, auch in einem parallelen Schreiben an Gabriel, auf den Koalitionsvertrag, der eine faire und transparente Verteilung der Kosten vorsehe. Die Ost-Ministerpräsidenten erwarteten, dass das Bundeskabinett noch in diesem Jahr den Gesetzentwurf beschließe und die Verordnung zur Angleichung noch in dieser Legislaturperiode erfolge. Aus dem Wirtschaftsministerium heißt es, man strebe nach wie vor eine Beschlussfassung im Kabinett in diesem Jahr an. Doch die Abstimmungen liefen noch.