Deutsch-russische Beziehungen: Ost-FDP drängt auf Ende der Russland-Sanktionen
Liberale Landesverbände beklagen Schaden für die ostdeutsche Wirtschaft. Antrag soll auf Parteitag im Mai abgestimmt werden.
In der FDP wächst der Druck auf Parteichef Christian Lindner, die Position der Partei in der Russlandpolitik zu korrigieren und für eine Ende der Sanktionen gegen Moskau einzutreten. Insbesondere die ostdeutschen Landesverbände plädieren dafür. Der sächsische FDP-Vorsitzende Holger Zastrow nannte diesen Weg „überfällig“. Dem Tagesspiegel sagte Zastrow, die Sanktionen schadeten erkennbar der ostdeutschen Wirtschaft und fänden „immer weniger Akzeptanz in der Bevölkerung“. Der Thüringer Landesverband will ein Umschwenken in der Sanktionspolitik sogar beim FDP-Parteitag Mitte Mai zur Abstimmung stellen. In dem Antrag werden die Sanktionen als „inkonsistent, inkonsequent und nicht zielführend“ bezeichnet. Sie sollen in Zukunft auf Waffen und militärische Güter beschränkt bleiben. Erwartet wird, dass sich auch in den anderen ostdeutschen Landesverbänden Mehrheiten für diese Position finden. In seinem Landesverband, sagte der Vorsitzende von Mecklenburg-Vorpommern, Hagen Reinhold, sei die Zustimmung „außerordentlich groß“.
Am Wochenende hatte auch Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) ein Ende der Sanktionen „step by step“ und ein Zugehen auf Moskau gefordert. Lindner hatte Kubickis Position jedoch umgehend als Teil der „Meinungsfreiheit“ bezeichnet und sich von ihr abgesetzt. Ausdrücklich verwies er auf einen Beschluss der FDP-Spitze von Mitte Januar. Darin fordern die Liberalen zwar ein Ende der „dauerhaften Konfrontation“ mit Russland, stellen vor eine Sanktionslockerung aber ausdrücklich eine Verhaltensänderung Moskaus.
Nicht mehrheitsfähig
Auf diesen Beschluss berief sich am Dienstag der außenpolitische Sprecher der Fraktion, Bijan Djir-Sarai. Auch wenn es wichtig sei, im Sicherheitsinteresse Europas liege, den Dialog mit Russland zu intensivieren, sagte er, bleibe es eine Tatsache, dass es „überhaupt keinen Grund zur Lockerung von Sanktionen gibt, solange sich die russische Politik nicht verändert“. Djir-Sarai zweifelte daran, dass der Antrag Thüringens eine Mehrheit finden werde. Er verwies dabei vor allem auf die Positionen der größeren westdeutschen Landesverbände, die hinter dem Beschluss des Bundesvorstandes stünden.
Kurz vor der Bundestagswahl hatte sich Christian Lindner selbst für ein aktives Zugehen auf Moskau ausgesprochen und dem Verdacht ausgesetzt, er wolle potenzielle AfD-Wähler mit einer Russland-freundlichen Politik auf seine Seite ziehen. Den Konflikt um die von Russland annektierte Halbinsel Krim müsse man als „dauerhaftes Provisorium einkapseln“, hatte er gesagt und vorgeschlagen, Spielraum für Verhandlungen mit Moskau zu eröffnen. Die an den Minsker Friedensprozess gekoppelten Sanktionen gegen Russland sollten nicht erst fallen, wenn das Minsker Abkommen von Russland vollständig erfüllt sei, schlug der FDP-Vorsitzende vor und wurde dafür vor allem in der Union als „Putin-Versteher“ kritisiert.