SPD und Linke: Oskar Lafontaine spricht von Fusion
Ist eine Zusammenführung auf der Linken möglich? Oskar Lafontaine ventiliert einen alten Wunsch.
Oskar Lafontaine – ein Name wie ein rotes Tuch. So rot wie die Parteifarben, denen er sein Leben lang anhängt. Erst war er in der SPD, lange, und am Ende auch der Chef, der die Partei nach der Kohl-Ära 1998 nahezu triumphal an die Macht zurückführte. Dann, als ihr größter Kritiker, führte er die WASG, die „Wahlalternative Arbeit & soziale Gerechtigkeit“, und überführte sie in die Linkspartei. Einige Jahre war er deren Vorsitzender und Fraktionschef im Bundestag. Aber sein Traum war immer, die Parteien der Linken wieder zusammenzuführen. Er redet vor Vertrauten darüber, offiziell betont er am Mittwoch im saarländischen Landtag es gehe erstmal nicht um eine „vordergründige Fusionsdebatte“, sondern um gemeinsame Mehrheiten für linke Politik. Sein Herz für die SPD hat er nie verloren, auch wenn deren Übergangschef Thorsten Schäfer-Gümbel mit Blick auf Lafontaine betont: „Den will ich nicht zurück.“
Eine Fusion auf der Linken sah Lafontaine immer und schnell als möglich an – wenn nur die SPD sich von der Agenda 2010 verabschieden wollte. Was sie heute will, etliche Granden verbrämen es mit dem Hinweis, die Zeit sei darüber hinweggegangen und erfordere neue Antworten.
Er kommt schwer über die Agenda hinweg
Lafontaine, heute 75, kommt schwer über die Agenda hinweg, die von Gerhard Schröder als Bundeskanzler ins Werk gesetzt wurde. Er trat 2005 nach fast 40 Jahren Mitgliedschaft aus der SPD aus, schon 1999 hatte er verärgert als Parteichef und Finanzminister aufgegeben.
Dass ihr Oskar, der geliebte, verehrte, danach die Linke als Konkurrenz stark machte, wird Lafontaine von etlichen in der SPD-Führung so nachgetragen, wie er Schröder nachträgt, seine SPD durch einen neoliberalen Kurs marginalisiert zu haben. Ausgerechnet Schröder, der alte Weggefährte, der Regierungschef von seinen Gnaden, wie Lafontaine dachte. Auch Helmut Kohl dachte ja seinerzeit, Lafontaine würde 1998 selbst nach dem Kanzleramt greifen. Bis der im Namen der SPD „neun gute Gründe für einen Wechsel" auf eine Karte mit Schröders Konterfei drucken ließ, und „der zehnte heißt Kohl“.
Nichts ist vorbei - nicht für Lafontaine
Vorbei? Ein dummes Wort, sagte schon Goethe. Nichts ist vorbei, nicht bei Lafontaine, nicht bei der SPD. Der Oskar wusste noch – sagen enttäuschte Bewunderer bis heute –, wie man in nur drei Jahren eine Partei zur stärksten macht. Am Ende war Lafontaine, der frühere Schüler am katholischen Konvikt, für die Sozialdemokraten ihr Luzifer, der gefallene Erzengel. Dennoch hat er immer wieder in beiden Parteien Personal gesucht, das eine neue Verbindung verwirklichen könnte, und sei es zunächst mit einer Koalition über die Länderebene hinaus. Dass Lafontaine nur schon im Saarland, wo er seit zehn Jahren Fraktionschef der Linken ist, mehrmals erfolglos ein Bündnis mit der SPD angestrebt hat, hinderte ihn nicht an dem Plan. Mit Sigmar Gabriel zum Beispiel hat er geredet. Es hat bloß zu nichts geführt. Außer vielleicht der Erkenntnis, dass eine Bündelung linker Kräfte wohl eher zu erreichen sei. Linke mit Sozialdemokraten und Grünen, das war die Idee hinter Sahra Wagenknechts (und seiner) Bewegung „Aufstehen“. Wovon wenig geblieben ist – bis auf den Gedanken einer Vereinigung der Ideen. Und da jetzt alle programmatisch für die nächsten Wahlen vorausdenken, wird es für Anhänger der Thesen Lafontaines interessant. Oder, wie Lafontaine sagen würde: Wird die Sozialdemokratie wieder sozialdemokratisch, dann kann es langfristig einen Kurs hin zur „Neuen Linken“ geben.
Einiges in Bewegung
Lafontaine bleibt dran. Das passt zu ihm. Der studierte Physiker kennt sich mit Fliehkräften aus. Auch denen in sich. Man stelle sich vor: Mittelstürmer im Fußball und im Sportunterricht mit besonderem Interesse am Boxen. Im Studium der Physik gerne bei Vorlesungen in Philosophie und Staatsrecht. Und als OB von Saarbrücken war er, der auf manche bis heute rabaukig wirkt, Förderer des berühmten Max-Ophüls-Festivals.
Oskar Lafontaine sei der klügste Mann gewesen, den die SPD über Jahrzehnte gehabt habe, sagte der legendäre CDU- Querdenker Heiner Geißler 2008 im „Stern“. Für Gerhard Schröder habe die Partei ihn dann laufen lassen. Inzwischen lassen die Roten Schröder laufen. Es ist gerade einiges in Bewegung.