Mazedonien: Orban torpediert Lösungsversuche im Namensstreit
Der ungarische Premierminister Viktor Orban hat eine Videobotschaft veröffentlicht, in der er die Bemühungen der größten mazedonischen Oppositionspartei lobt, die eine Lösung des langjährigen Namensstreits mit Griechenland zu blockieren versucht.
Am vergangenen Wochenende haben sich Tausende Anhänger der nationalistisch-konservativen Oppositionspartei VMRO-DPMNE in der mazedonischen Hauptstadt Skopje gegen die laufenden Gespräche der Regierung mit Athen zur Lösung des Namensstreits ausgesprochen. Dabei erhielten sie prominenten Beistand: In seiner Videobotschaft grüßte Ungarns Regierungschef Viktor Orban die „weisen und mutigen Führer der Partei, (…) die sich dem Druck ausländischer Mächte nicht beugen werden“.
Die Verhandlungen zwischen der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien und Griechenland zur Lösung des Namensstreits befinden sich laut offiziellen Angaben in einem „fortgeschrittenen“ Stadium, während einige technische Details noch ausstehen.
Griechenland fordert ein Abkommen mit einem zusammengesetzten Namen, der einen geographischen oder historisch-zeitlichen Zusatz enthält. Dieser Name soll dann weltweit gültig sein soll. Dann könne auch die Integration der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien in die NATO und die EU unterstützt werden.
Vizechef des EU-Parlaments: Orban ist eine „traurige Ausnahme“
Dimitris Papadimoulis, Vizepräsident des EU-Parlaments, sagte EurActiv, fast alle politischen Führer der EU und die überwältigende Mehrheit der Europaabgeordneten würden die Bemühungen der Premierminister Alexis Tsipras aus Athen und Zoran Zaev um eine endgültige Lösung des inzwischen 25 Jahre währenden Streits unterstützen. Das Ziel sei „ein Name für alle Verwendungszwecke, mit echten Veränderungen, um dem Irredentismus und möglichen zukünftigen Streitigkeiten ein Ende zu setzen.“
Die griechische Regierung hat die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien wiederholt aufgefordert, die Artikel ihrer Verfassung zu ändern, die Gebietsansprüche nahelegen könnten. Es müsse sichergestellt sein, dass der mazedonische Staat keine Ansprüche auf griechische Territorien hat.
Papadimoulis, ein enger Verbündeter des griechischen Premiers Alexis Tsipras, stellte derweil fest, Orban sei mit seiner Videobotschaft eine „traurige Ausnahme“. Papadimoulis fuhr fort: „Orban untergräbt erneut die Förderung von Lösungen, die Griechenland, Skopje und der Stabilisierung der Balkanregion sowie der europäischen Perspektive selbst dienen würden.“
Bemühungen und Widerstände auf beiden Seiten
Die gegenwärtige Regierung in Skopje könnte mit einer sogenannten „erga omnes“-Lösung einverstanden sein. So wird eine Vereinbarung bezeichnet, die nicht nur von beiden Konfliktparteien akzeptiert werden kann, sondern dann auch für alle anderen Staaten gelten soll. Anders sieht es jedoch der Präsident des Landes, Gjorge Iwanow, der ein Verbündeter der vorherigen Regierung der rechtskonservativen VMRO-DPMNE ist und darüber hinaus als pro-russisch angesehen wird.
Der tatsächliche Name, auf den sich die beiden Regierungen möglicherweise festlegen könnten, ist offiziell noch nicht bekannt. Die griechische Zeitung „Documento“ berichtete am Sonntag auf ihrer Website allerdings, Tsipras und Zaev hätten sich auf „Severna Makedonija“ (Nordmakedonien) geeinigt.
VMRO-DPMNE-Chef Hristijan Mickoski erklärte am Samstag, seine Partei werde sich jeder Verfassungsänderung in Bezug auf den Namen des Landes widersetzen. Er forderte außerdem Neuwahlen.
Die Sozialdemokratische Union Mazedoniens (SDSM) warf Mickoski im Gegenzug vor, dem Weg seines nationalistischen Vorgängers Gruevski weiter zu folgen: „Mickoskis Vision ist eine Vision der Spaltung und der Vergangenheit. Er muss verstehen, dass Mazedonien nur eine einzige Zukunftsperspektive hat, und diese ist eine Zukunft des Wohlstands, des Wirtschaftswachstums und der Mitgliedschaft in der EU und der NATO.“
Haltung der Nea Demokratia unklar
Auf dem jüngsten EU-Westbalkan-Gipfel in Sofia hatte der griechische Premierminister Tsipras gegenüber EurActiv zugegeben, die Haltung der (konservativen) Oppositionsparteien in beiden Ländern sei „ein kritisches Thema“.
Tsipras betonte allerdings, das Problem sei für Griechenland „nicht ganz so groß; ist es aber für die inneren Angelegenheiten unseres Nachbarn. Denn unsere Position erfordert eine Verfassungsänderung, die wiederum qualifizierte Mehrheiten erfordert.“
In Griechenland hat die Oppositionspartei Nea Demokratia ihre Position zur Aufnahme von „Mazedonien“ in den neuen Staatsnamen nicht deutlich gemacht. Die konservative Partei wirft der Regierung allerdings „geheime Gespräche“ vor und lehnte am Sonntag jedes Abkommen mit der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien ab, das eine „mazedonische Ethnizität und Sprache“ beinhaltet.
Aus Sicht der griechischen Regierung gibt es innerhalb der Opposition somit zwei mögliche Ziele: Einerseits das vom ehemaligen Premierminister Costas Karamanlis bevorzugte; nämlich eine geografische Angabe vor dem Begriff Mazedonien. Andererseits gebe es aber auch Teile der Nea Demokratia, die den Begriff Mazedonien insgesamt ablehnen.
„Der Führer der Nea Demokratia, Kyriakos Mitsotakis, sollte endlich über die Linie seiner Partei entscheiden: Ist er auf der Seite von Joseph Daul (dem Vorsitzenden der Europäischen Volkspartei, Anm. der Red.) und Costas Karamanlis – oder auf der Seite der Orban-Georgiadis-Fraktion?“, forderte Papadimoulis im Gespräch mit EurActiv.
Übersetzung: Tim Steins.
Erschienen bei EurActiv.
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Sarantis Michalopoulos