Türkei-Wahlen: Oppositionsführer nennt Erdogan „Diktator“ und verweigert Gratulation
Der türkische Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu hat es abgelehnt, dem "Diktator" Recep Tayyip Erdogan zu seinem Wahlsieg zu gratulieren. Kilicdaroglu kritisierte zudem die Umstände der Wahlen.
Der Chef der größten Oppositionspartei CHP in der Türkei hat den wiedergewählten Präsidenten Recep Tayyip Erdogan einen „Diktator“ genannt und ihm die Gratulation verweigert. „Warum sollte ich einem Diktator gratulieren? Jemandem, der eine Diktatur anstrebt, gratuliert man nicht“, sagte Kemal Kilicdaroglu am Montag in Ankara. „Jemandem, der nicht an Demokratie glaubt, kann man nicht gratulieren. Jemandem, der die Organe der Legislative, Judikative und Exekutive an sich bindet, kann man nicht gratulieren.“
Erdogan hatte am Sonntag die Präsidentenwahlen nach inoffiziellen Ergebnissen mit 52,59 Prozent der Stimmen gewonnen. In den Parlamentswahlen, die gleichzeitig stattfanden, wurde die Allianz von Erdogans AKP und der ultranationalistischen MHP stärkste Kraft. Die CHP fiel bei der Parlamentswahl auf 22,6 Prozent - vermutlich weil sie Stimmen an die verbündete, neugegründete IYI-Partei verlor.
Mit den Wahlen ist der Umbau von einem parlamentarischen in ein Präsidialsystem abgeschlossen. Erdogan erhält deutlich mehr Macht.
Kilicdaroglu: Ince ist unter den Erwartungen geblieben
Kilicdaroglu kritisierte zudem die Umstände der Wahlen. Sie hätten unter dem Ausnahmezustand stattgefunden, es habe „Repressionen, Erpressungen und Drohungen“ gegeben. Die Regierung habe zudem „alle Staatsmittel genutzt“. Die Medien seien zu „95 Prozent unter der Kontrolle der Regierung“.
Kilicdaroglu lobte den Wahlkampf des CHP-Präsidentenkandidaten Muharrem Ince, kritisierte aber zugleich, dass dessen Ergebnis „unter den Erwartungen geblieben“ sei. Ince erhielt bei den Präsidentenwahlen nach inoffiziellen Ergebnissen 30,64 Prozent der Stimmen.
Kilicdaroglu hatte seinem parteiinternen Rivalen Ince den Vortritt bei der CHP-Präsidentschaftskandidatur gelassen. Ince seinerseits war zwei Mal vergeblich gegen Kilicdaroglu bei Wahlen für den Parteivorsitz angetreten. Forderungen aus den eigenen Reihen, nach dem schwachen Abschneiden der CHP bei den Wahlen am Sonntag den Parteivorsitz zu räumen, wies Kilicdaroglu zurück. "Was geschehen wird, wird von den Leuten in der Partei entschieden", sagte er. (dpa, AFP)