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Nicht nur die NSA, auch der BND hat offenbar jahrelang Verbündete ausgeforscht.
© dpa

BND-Affäre: Opposition will mehr Aufklärung über BND-Spähliste

Abgeordnete aus dem NSA-Untersuchungsausschuss dürfen BND-Selektoren einsehen – der Opposition reicht das nicht.

Abgeordnete des NSA-Untersuchungsausschusses haben im Kanzleramt Einsicht in eine Liste mit Überwachungszielen des Bundesnachrichtendienstes genommen. Die Liste enthält sogenannte Selektoren, also Telefonnummern oder E-Mail-Adressen, die im Visier des BND waren. Die Opposition fordert nun, dass diese Liste im Untersuchungsausschuss auf die Tagesordnung kommt. „Es besteht klar erkennbar ein Sachzusammenhang mit unserem Untersuchungsauftrag“, sagte der Grünen- Obmann im Ausschuss, Konstantin von Notz, dem Tagesspiegel. Auf der Liste stehen nur die BND-eigenen Selektoren. Die Liste mit vom US-Geheimdienst NSA beantragten Selektoren bleibt unter Verschluss.

Der Ausschuss des Bundestages ist nach Ansicht seines Vorsitzenden Patrick Sensburg (CDU) für eine genauere Überprüfung der BND-Selektorenliste nicht zuständig. Sensburg verweist auf das Gremium im Bundestag, das die deutschen Geheimdienste kontrolliert: „Das Parlamentarische Kontrollgremium sollte sich diese Liste ausführlich anschauen“, sagte Sensburg dem Tagesspiegel. Zugleich betonte er, dass die Liste „intensiv überprüft“ werden müsse. „Das muss Konsequenzen haben für die Abteilung Technische Aufklärung (im BND).“ Den von ihm geleiteten Ausschuss sieht er nicht in der Verantwortung, weil die Schnittmenge zwischen der BND-Selektorenliste und der Liste der NSA klein sei: „Es gibt nur sehr wenige Selektoren, die in beiden Listen enthalten sind“, sagte Sensburg. Wenn es einen Austausch zwischen beiden Diensten gegeben hätte, müsste die Zahl der gemeinsamen Selektoren deutlich höher sein, argumentiert der Ausschuss-Vorsitzende. Dagegen will der SPD-Obmann Christan Flisek mehr Informationen von der Bundesregierung. "Bei vielen Selektoren besteht erheblicher Klärungsbedarf." So könne man mit den vorliegenden Angaben nicht erkennen, was dahinter stehe. Es gebe "Indizien" dafür, dass die BND-Liste Gegenstand des Ausschusses sei. Doch ohne mehr Material lasse sich das nicht sagen.

Der NSA-Untersuchungsausschuss sollte sich nach Ansicht der Obfrau der Linkspartei, Martina Renner, mit der BND-Liste befassen. „Aus den Selektorenlisten und den Begleitdokumenten ergibt sich eindeutig, dass diese Gegenstand des Untersuchungsausschusses sein müssen“, sagte Renner dem Tagesspiegel. Die Linken-Abgeordnete sieht nach Lektüre der Dokumente „Anhaltspunkte in der Frage, ob es Bezüge zur NSA gibt“. Auftrag des Ausschusses sei auch der Schutz von Grundrechtsträgern. „Es wurden nicht nur deutsche und europäische Interessen verletzt, sondern auch deutsche Staatsbürger abgehört.“ Zuvor war bekannt geworden, dass der BND offenbar einen deutschen Diplomaten abgehört hat.

Im NSA-Ausschuss wollen Linke und Grüne nun beantragen, dass die Selektorenliste offiziell eingebracht wird. Denn nur die Obleute und der Vorsitzende dürfen die Liste im Kanzleramt einsehen, später konnten sie wegen der Geheimhaltungsvorschriften auch mit ihren Fraktionskollegen im Ausschuss nicht über die Inhalte sprechen. Die Abgeordneten durften sich Notizen machen, diese aber nicht mitnehmen. „Dieses Verfahren erlaubt es uns nicht, im Ausschuss mit diesen Erkenntnissen zu arbeiten“, kritisierte Renner. Die Akten seien für den Ausschuss auch wichtig, „um zu prüfen, ob wichtige Zeugen die Wahrheit gesagt haben“, sagte von Notz. Nach Lektüre der Unterlagen spreche „vieles dagegen“, betonte er. „Uns die Akten vorzuenthalten, ist eine gewollte Behinderung des Untersuchungsausschusses.“

Die Überprüfung der BND-Selektorenliste dem Parlamentarischen Kontrollgremium zu überlassen reicht der Opposition nicht. Der Ausschuss habe mit der Befragung von zur Wahrheit verpflichteten Zeugen mehr Möglichkeiten, betonte Renner. „Die Vorwürfe lassen sich öffentlich nur im Ausschuss klären.“ Sollte die Bundesregierung dabei bleiben, dass nur die Obleute die Akten sehen dürfen, will die Opposition den Klageweg gehen oder einen neuen Untersuchungsausschuss beantragen.

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