Eskalation in Venezuela: Opposition: Maduro hat Hilfsgüter anzünden lassen
Lastwagen mit Hilfsgütern brennen, Soldaten schießen: Die Opposition erhebt schwere Vorwürfe gegen Staatschef Maduro – und einige Militärs desertieren offenbar.
Bei den gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen der venezolanischen Armee und Demonstranten an der Grenze zu Brasilien sind am Samstag zwei Menschen gestorben. Der Vorfall habe sich in der Stadt Santa Elena de Uairen ereignet, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Als Quelle gibt sie einen Arzt des Krankenhauses an, in das die beiden Menschen gebracht wurden. Unter den Toten soll auch ein 14-jähriger Junge sein.
Den ganzen Tag hatte es in gleich mehreren Grenzstädten gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen der Armee und Demonstranten gegeben. In San Antonio del Táchira hatten Demonstranten versucht, die Grenze nach Kolumbien zu passieren, um Hilfsgüter nach Venezuela holen. Die Soldaten drängten sie mit Tränengas zurück. Auch Gummigeschosse sollen eingesetzt worden sein. Nach Angaben von Rettungskräften wurden mindestens 42 Menschen verletzt.
Auch an der Brücke zwischen Ureña und dem kolumbianischen Cúcuta hinderte die Armee hunderte Menschen am Grenzübertritt. Die Demonstranten zündeten daraufhin Autoreifen an und bewarfen die Polizei mit Steinen. Mindestens 20 Menschen wurden bei den Zusammenstößen verletzt, wie der Sender Radio Caracol meldete.
Als vier Lastwagen mit Hilfsgütern eine Barriere durchbrachen, stoppten Sicherheitskräfte den Konvoi, indem sie mit Tränengas und Gummigeschossen schossen. Rund 100 Menschen wurden dabei verletzt, wie CNN en Español berichtete.
Drei der Lastwagen gerieten in Brand. Sie seien angezündet worden, sagte die oppositionelle Abgeordnete Gaby Arellano am Samstag vor Journalisten. Sie beschuldigte Staatschef Maduro deswegen. "Die Menschen retten den Großteil von dem, was auf dem ersten Laster ist, und suchen nach der humanitären Hilfe, deren Abfackeln der Diktator Maduro angeordnet hat", sagte Arellano.
An der Grenze zu Brasilien setzte das Militär ebenfalls Tränengas ein. In Santa Elena hatten Bürger zuvor versucht, Barrikaden zu errichten. Sie wollten nach eigenen Angaben verhindern, dass bewaffnete Anhänger der Regierung in den Ort kommen. Neben den Toten gibt es mindestens 31 Verletzte.
Unterdessen verkündete Nicolás Maduro den Abbruch aller diplomatischer Beziehungen Venezuelas zu Kolumbien. Der umstrittene Staatschef erklärte am Samstag in Caracas, die "faschistische Regierung von Kolumbien" habe die vom selbsternannten Übergangspräsidenten Juan Guaidó initiierten ausländischen Hilfslieferungen nach Venezuela aktiv unterstützt. Deswegen müssten alle Diplomaten des Nachbarlandes Venezuela innerhalb von 24 Stunden verlassen.
Kolumbien fordert Maduro im Gegenzug auf, für die Sicherheit der Botschaftsmitglieder zu sorgen. Das Außenministerium in Bogota erklärt, man werde Maduro zur Verantwortung ziehen für jedwede Aggression oder Rechtsverletzungen, die kolumbianische Offizielle in Venezuela erleiden müssten.
Kolumbiens Staatschef Iván Duque forderte die freie Einfuhr von Hilfsgütern. Die Blockade der Transporte sei ein „Attentat gegen die Menschenrechte“, sagte Duque am Samstag in Cúcuta auf einer Pressekonferenz.
Bereits am Freitag hatte die Regierung Maduros große Teile der Grenze zu Kolumbien geschlossen. Auch die Grenzübergänge nach Brasilien sind dicht. In beiden Ländern stehen ausländische Hilfslieferungen für die venezolanische Bevölkerung bereit.
Eine erste Hilfslieferung ist laut Juan Guaidó aber inzwischen in Venezuela eingetroffen. Sie sei aus Brasilien in das Land gelangt, teilte Guaidó am Samstag auf Twitter mit. "Das ist ein großer Erfolg, Venezuela!", schrieb er. Guaidó hatte die Hilfslieferungen vorab für diesen Samstag angekündigt. Er ist inzwischen von mehr als 50 Ländern als Interimspräsident anerkannt.
Die Lieferungen bestehen vor allem aus Lebensmitteln und Medikamenten. Sie sollen an Bedürftige verteilt werden, weil Venezuela trotz seines Ölreichtums unter einer Wirtschaftskrise mit akuten Versorgungsengpässen leidet.
Staatschef Maduro lehnt die Hilfe aus dem Ausland allerdings rigoros ab. Er behauptet, sie seien ein Vorwand seines Kontrahenten Guaido und der USA für eine militärische Invasion, um die Regierung zu stürzen.
Derweil scheint die Unterstützung für Maduro unter den Militärs zu schwinden. Kolumbiens Einwanderungsbehörde berichtete am Samstag von insgesamt 60 Sicherheitskräften, die dersertiert seien. Sie seien aus den venezolanischen Bezirken Norte de Santander und Arauca nach Kolumbien geflohen, teilte die Einwanderungsbehörde mit. (mit dpa, AFP, Reuters)