Deutsche EU-Ratspräsidentschaft: Opposition fordert konkrete Planungen
Vor der deutschen EU-Präsidentschaft haben Oppositionspolitiker konkrete Forderungen an die Bundesregierung. Besonders der EU-Etat steht im Fokus.
Während die deutsche EU-Präsidentschaft näher rückt, nehmen in der Opposition die Forderungen nach einer Konkretisierung der Berliner Planungen zu. Im Fokus steht dabei vor allem der nächste Etat der EU für die Jahre zwischen 2021 und 2027. Aus der Sicht der Grünen darf es Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nicht bei ihrer allgemein gehaltenen Ankündigung belassen, den Beitrag Deutschlands zum Mehrjahreshaushalt deutlich zu erhöhen. „Das war so unpräzise, dass man damit alles und nichts machen kann“, kritisierte die europapolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Franziska Brantner, im Gespräch mit dem Tagesspiegel.
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Deutschland übernimmt am 1. Juli für ein halbes Jahr den rotierenden Vorsitz in der EU, mit dem sich das Kabinett am Mittwoch in einer Sondersitzung beschäftigte. Eine der Aufgaben der Bundesregierung wird dabei voraussichtlich darin bestehen, gemeinsam mit EU-Ratschef Charles Michel an einer Einigung über den Mehrjahresetat mitzuwirken. Im Februar – noch vor dem vollständigen Ausbruch der Corona-Pandemie in der EU – war Michel mit dem Versuch gescheitert, einen Durchbruch bei den Haushaltsverhandlungen der 27 EU-Staaten zu schaffen.
Angesichts der Corona-Krise zeichnet sich inzwischen ab, dass der Etat der Gemeinschaft voraussichtlich weit über das ursprünglich von Michel geplante Volumen von 1,07 Prozent der Wirtschaftsleistung der EU hinausgehen wird. Mit Garantien im Haushalt soll nach den Vorstellungen von Merkel und EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen ein Wiederaufbaufonds abgesichert werden, der ein Volumen von rund einer Billion Euro haben und nach der Pandemie die Konjunktur in besonders betroffenen Staaten wie Italien wieder anschieben könnte.
Im Mai soll die EU-Kommission einen neuen Vorschlag für den EU-Etat vorlegen. Merkel hatte in der vergangenen Woche im Bundestag erklärt, dass Deutschland bereit sei, „über einen gewissen Zeitraum“ deutlich höhere Beiträge zum EU-Haushalt zu leisten.
Grünen-Europaexpertin Brantner: Der Süden braucht Unterstützung
Für die Grünen-Europaexpertin Brantner ist dies allerdings zu unkonkret. Nach ihrer Ansicht könne die von Kommissionspräsidentin von der Leyen ins Spiel gebrachte Erhöhung für sogenannte Eigenmittel von derzeit 1,2 Prozent auf zwei Prozent der europäischen Wirtschaftskraft nur ein erster Schritt sein. Die Bundesregierung müsse sich auch dafür einsetzen, bei der Neugestaltung des EU-Etats den zweiten Schritt zu machen: „Auch die Ausgabenseite muss erhöht werden“, so Brantner. Beim Etat für die Jahre zwischen 2021 und 2027 gehe es darum, „die Verteillogik von West nach Ost so zu ergänzen, dass auch dem Süden geholfen ist“.
FDP-Außenpolitiker Lambsdorff: Rechtsstaatliche Normen sichern
Auch der FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff ist der Auffassung, dass die bisherigen Verteilmechanismen im EU-Haushalt überarbeitet werden müssen. Lambsdorff sagte der Nachrichtenagentur AFP, dass die Zahlung von EU-Subventionen an die Einhaltung rechtsstaatlicher Normen gekoppelt werden müsse.
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Der FDP-Politiker regte an, dass die Bundesregierung ihre Ratspräsidentschaft nutzt, um nicht nur der Wirtschaft in der Corona-Krise wieder aufzuhelfen, sondern auch um einen „einen ‚Rechtsstaats-Rettungsschirm‘ aufzuspannen“. Auf diese Weise könne die EU „Angriffe auf demokratische Institutionen wie in Ungarn oder Polen konsequent“ beantworten.
Konkret schlug Lambsdorff vor, die Europäische Agentur für Grundrechte aufzuwerten. Zudem müsse ein Mechanismus entwickelt werden, „der die Auszahlung von EU-Geldern zukünftig nur bei der Einhaltung rechtsstaatlicher Mindeststandards ermöglicht“.