Trump kündigt Rüstungskontroll-Abkommen: „Open Skies“-Ausstieg verschärft Konflikt mit Nato-Partnern
Die USA steigen aus dem "Open Skies"-Vertrag mit Russland zur Rüstungskontrolle aus. Bei den Europäern kommt das nicht gut an. Eine Analyse.
US-Präsident Donald Trump hat einen weiteren Vertrag zur Rüstungskontrolle gekündigt: das „Open Skies“-Abkommen von 1992. Es erlaubt Russland und den Nato-Staaten Aufklärungsflüge über dem Territorium der Vertragspartner und soll durch Beobachtung von Truppenbewegungen und Waffenstationierungen zur Kriegsvermeidung beitragen.
Neue Konflikte mit den Nato-Partnern in Europa
Die Kündigung wird in sechs Monaten rechtskräftig. Trump sagt, Russland verstoße regelmäßig gegen „Open Skies“. Er wolle die Frist für Verhandlungen nutzen, um den Vertrag nachzubessern und Moskau zur Einhaltung zu verpflichten.
Der Schritt verschärft den Konflikt mit den europäischen Nato-Partnern. Zehn Staaten bedauerten die Kündigung in einer gemeinsamen Erklärung, darunter Deutschland und Frankreich. Am Freitagnachmittag beriet die Nato über die US-Kündigung. Hohe US-Experten trugen Trumps Bedenken vor, darunter sein neuer Chefverhandler für Abrüstung, Marshall Billingslea. Viele Europäer teilen den Großteil der Kritik an Moskau, sagen aber, die Vorteile des Abkommens überwiegen die Nachteile.
Ohne China steht die gesamte Rüstungskontrolle auf der Kippe
Dies ist das dritte Rüstungskontrollabkommen, aus dem Trump aussteigt. Im Mai 2018 hatte er das Atomabkommen mit dem Iran von 2015 verlassen, in dem Iran sich verpflichtet, keine Atomwaffen zu bauen. Im August 2019 wurde der Rückzug der USA aus dem INF-Vertrag von 1987 zur Begrenzung nuklearer Mittelstreckenraketen rechtskräftig; Trump hatte den Schritt im Herbst 2018 angekündigt.
Das Schicksal eines vierten Kontrollabkommens steht auf der Kippe: der „New Start“-Vertrag über die Reduzierung der strategischen Atomwaffen um ein Drittel. Präsident Barack Obama hatte ihn 2010 mit Moskau geschlossen. Er läuft im Februar 2021 aus. Die Trump-Regierung kündigte am Donnerstag an, dass sie dieses Abkommen mit Moskau beibehalten und China einbeziehen möchte.
Bisher zeigt China kein Interesse, sein wachsendes Atomwaffenarsenal durch Verträge begrenzen zu lassen. Umgekehrt hat das Interesse der USA und Russlands an Rüstungskontrolle nachgelassen, wenn sie sich binden, China aber keine Auflagen akzeptiert. Dadurch verschiebe sich die Rüstungsbalance in Asien zu Pekings Vorteil, sagen sie.
Vorwürfe an Russland: Vertragsbruch
Im Fall von „Open Skies“ werfen die USA Russland Dreierlei vor. Erstens verweigere Moskau häufig die Genehmigung für die von Nato-Staaten beantragten Überflüge oder mache Auflagen zu Mindestflughöhen, obwohl es verpflichtet sei, die Flüge zu erlauben. Das betreffe insbesondere das Gebiet Kaliningrad, wo Russland neue Atomwaffen stationiert hat, die sich gegen Deutschland und andere europäische Staaten richten; weiter die Region um Tschetschenien, wo Waffen geschmuggelt werden; und die Grenzen zu Georgien, wo russische Truppen ganze Landesteile besetzt halten.
Zweitens nutze Moskau die Überflüge nicht nur für den vorgesehenen Zweck, militärische Bewegungen und Stationierungen zu überwachen. Sondern es kartiere dabei wichtige Standorte von Industrie und Infrastruktur als Angriffsziele für den Kriegsfall. Drittens unterlaufe Moskau den Zweck von „Open Skies“, die Überwachung militärischer Bewegungen zur Konfliktprävention, wenn es westliche Aufklärungsflüge gerade dann verweigere, wenn Russland Manöver abhalte.
Moderne Satellitentechnik entwertet das Abkommen
Kritiker halten Trump vor, er handele erneut unilateral, ohne Konsultation der Europäer und gegen deren Interessen. Die Vorwürfe gegen Russland seien zwar zum Gutteil berechtigt, rechtfertigten aber nicht die Kündigung des Abkommens.
Zudem habe sich die Satellitentechnik seit 1992, als die USA „Open Sky“ unter dem republikanischen Präsidenten George H. W. Bush aushandelten, weiter entwickelt. Viele Informationen, die man damals nur durch Überflüge sammeln konnte, lieferten heute Satelliten.