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Deprimierter Blick. SPD-Chef Martin Schulz.
© imago/Christian Thiel

Political Animal: Ohne Frauen geht es nicht bei der SPD

Auf die Frauen kommt es an. Wen die SPD nach dem Parteitag in die vorderen Reihen bringen muss. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Man sieht’s an den Gesichtern, den Mienen. Wie sie da so sitzen. Die Arme vor der Brust verschränken, gewissermaßen in Abwehrhaltung. So zu besichtigen auf dem SPD-Parteitag in Bonn: Die Granden der Sozialdemokratie, die verdienten Parteichefs von einst leiden immer noch mit.

Schade, wenn der Kongress in Bad Godesberg, einem Stadtteil von Bonn, abgehalten worden wäre, dann hätte man von einem neuen Godesberg für die Genossen reden können. Aber so – eben nicht. Stattdessen war es ein Parteitag mit vielen Ehemaligen. Vor allem in der ersten Reihe.

Scharping. Müntefering, Gabriel, Beck… Stopp, Gabriel? Der ist doch noch Außenminister! Richtig, das ist er noch. Er sieht auch noch gar nicht so aus, als wäre er ein Gestriger: erschlankt, gestrafft, mit Brille, die Intellektualität betont. Dennoch, er sitzt in der Reihe der Ehemaligen – und wird demnächst wohl auch ein ehemaliger Minister sein. Denn bei diesem Parteitag wurde nicht nur beschlossen, dass die SPD mit der Union über eine neue Groko verhandelt, sondern im Hintergrund schien auch auf, wer es als Verantwortungsträger in diese neue große Koalition schaffen kann.

Darum auch der Blick in die Gesichter, die Mienen, besonders, als Martin Schulz sich mühte. 58 Minuten lang redete er um sein politisches Überleben, zumindest aber das der SPD als „Verantwortungspartei“. Was sie ausweislich ihrer vielen, vielen Regierungsjahre und ihrer vielen Delegierten mit Regierungserfahrung auch ist. Schulz wird nicht dazu zählen, wie es aussieht.

Schulz wäre gerne Außenminister

Und wahrscheinlich wird er in absehbarer Zeit auch in der Reihe der Ehemaligen sitzen: in der der ehemaligen Parteivorsitzenden. Ein Jahr, vielleicht zwei Jahre noch, dann wird Andrea Nahles mit Manuela Schwesig um den Vorsitz kämpfen. Es waren ja vor allem die starken Frauen, die den Parteitag retteten, dazu noch Stephan Weil und Olaf Scholz.

Apropos Scholz: Der Hamburger hielt eine seiner besseren Parteitagsreden, auch weil er ganz bei sich war, bei dem, was er am besten kann – Regierungsverantwortung wahrzunehmen. Und wenn das, was im Hintergrund aufscheint, nicht nur ein Wetterleuchten war, dann ist er gesetzt als neuer Bundesminister der Finanzen in Berlin. Er hat das Thema ja auch schon mehrmals verhandelt. Nebenbei bemerkt: Seine Frau hat jetzt eine Wohnung in Potsdam, ist Ministerin in Brandenburg… Dazu Katarina Barley (Arbeit und Soziales) und Heiko Maas als Justizminister. Die alle sind wohl „gesetzt“. Schulz nicht.

Dabei wäre er doch so gerne Außenminister. Nur kann Schulz nicht jeden Schwur brechen, also nicht auch noch den, dass er persönlich keinem Kabinett von Angela Merkel angehören werde. Wenn er das jetzt doch will – dann wird die Basis gegen ihn aufstehen. Hinzu kommt: die versprochene 50-Prozent-Quote. Die bedeutet, dass neben Barley eine weitere Frau ins Kabinett einrücken muss. Barbara Hendricks hat sich im Umweltressort viel Respekt erworben, aber es gibt Jüngere, die auch bedacht werden wollen. Eva Högl aus Berlin zum Beispiel. Einige Mienen sagen das.

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