Gas-Streit zwischen Russland und Ukraine: Oettinger sucht Interimslösung für den Winter
An diesem Freitag unternehmen Russland und die Ukraine in Berlin einen neuen Versuch zur Lösung des Gas-Streits. Am Vorabend des Treffens der Energieminister beider Länder plädiert EU-Energiekommissar Oettinger für einen Sonderverkauf an den ukrainischen Versorger Naftogas.
EU-Energiekommissar Günther Oettinger setzt vor der nächsten Gesprächsrunde zwischen Moskau und Kiew im Gas-Streit auf ein Entgegenkommen Russlands. Es wäre wünschenswert, wenn Russland fünf bis acht Milliarden Kubikmeter Gas an den ukrainischen Versorger Naftogas liefert, sagte Oettinger in Berlin. Dort, gewissermaßen auf neutralem Boden, unternehmen an diesem Freitag der russische Energieminister Alexander Nowak und dessen ukrainischer Amtskollege Juri Prodan unter der Vermittlung Oettingers einen erneuten Versuch zur Beilegung des Gas-Streits.
Noch ist Oettinger im Amt des Energiekommissars. Am kommenden Montag stellt er sich einer Anhörung von rund 80 Europaabgeordneten, die seine Eignung als künftiger Kommissar für die Digitalwirtschaft überprüfen wollen. Noch bevor sich Oettinger diesem Hearing unterzieht, stand er am Donnerstagabend vor dem Europaausschuss des Bundestages Rede und Antwort über seine bisherige und künftige Aufgabe.
Wie Oettinger mit Blick auf den Gas-Streit zwischen Moskau und Kiew erklärte, könne eine Kompromisslösung in Form eines „außerordentlichen Ankaufs“ seitens der Ukraine „jegliche Gefahren der Gasversorgung für unsere Bürger, unsere Infrastruktur und unsere Industrie beenden“. Seit Juni liefert Russland wegen offener Rechnungen kein Gas mehr an die Ukraine. Spätestens mit der kalten Jahreszeit ab Ende Oktober könnte der Gas-Streit dann für die Europäer zu einem Problem werden, wenn die Ukraine Transitgas, das für den Westen gedacht ist, für den Eigenbedarf abzweigen sollte. Weil die Zeit bis zum Winter allmählich knapp wird, strebt Oettinger in Berlin nun eine Interimslösung an. Über die Frage des Gaspreises, den die Ukraine an Russland zu zahlen hat, werde ein Schiedsgericht in Stockholm erst im kommenden Jahr entscheiden, erklärte der EU-Kommissar weiter.
Oettinger: Türkei kann "entscheidender Energiepartner" werden
Im Verhältnis zu Russland komme es für die EU darauf an, die Abhängigkeit bei der Gasversorgung möglichst gering zu halten, sagte der Brüsseler Kommissar. Um den EU-Ländern neue Energiequellen zu erschließen, könne auch die Türkei künftig ein „entscheidender Energiepartner“ sein. Der CDU-Politiker sprach sich dafür aus, ein weiteres Kapitel in den Beitrittsverhandlungen mit Ankara zu öffnen. Dies werde allerdings von Zypern blockiert. Oettinger kündigte an, dass er Mitte 2015 einen Gesetzentwurf zum Urheberrecht im digitalen Zeitalter vorlegen wolle. Es gehe dabei darum, eine Balance zu finden zwischen den Verbraucherinteressen auf freien Informationszugang und der Wahrung der Urheberrechte. Zu den Zielen seiner Arbeit rechnete er, „dass die die Digitalisierung 4.0 kein Nachteil für Maschinenbau und Fahrzeugbau“ werde. „Ansonsten will ich lernen“, sagte der 60-Jährige über sein neues Arbeitsgebiet.