Krieg in der Ukraine: Obama stimmt humanitärer Hilfe für die Ostukraine zu
US-Präsident Barack Obama hat nach Angaben aus Kiew einer humanitären Hilfsaktion in der Ostukraine zugestimmt. Indes liefern sich die ukrainische Armee und die Separatisten erbitterte Kämpfe um Donezk. Dabei scheinen die Regierungstruppen Erfolg zu haben.
US-Präsident Barack Obama hat nach Angaben aus Kiew einer humanitären Hilfsaktion unter Leitung des Internationalen Roten Kreuzes in der Ostukraine zugestimmt. Daran sollen sich die EU, Russland, Deutschland und andere Partner beteiligen, wie der ukrainische Präsident Petro Poroschenko am Montag mitteilte.
Im Kampf gegen prorussische Separatisten setzt die ukrainische Armee ihren Angriff auf die Großstadt Donezk mit unverminderter Härte fort. Regierungseinheiten beschossen am Montag erneut Stellungen der Aufständischen mit schwerer Artillerie, wie die Verwaltung von Donezk mitteilte. Nach Angaben der Führung in Kiew stieg die Zahl der seit Beginn der „Anti-Terror-Operation“ getöteten Soldaten auf mehr als 560. Zudem starben Schätzungen zufolge Hunderte Zivilisten und aufständische Kämpfer.
In Donezk wird die Lage immer dramatischer. Nach heftigem Granateneinschlag seien Krankenwagen und Löschfahrzeuge zu den betroffenen Vierteln gerast, hieß es. Mehrere Gebäude, darunter Wohnhäuser, wurden den Angaben zufolge getroffen. Über einigen Stadtteilen von Donzek stieg dichter Rauch auf. Nach Informationen des Stadtrats wurde auch ein Straflager von einem Geschoss getroffen. In der anschließenden Panik seien 106 Häftlinge geflohen. Mehr als 30 von ihnen kamen aber nach Angaben des ukrainischen Strafvollzugs wenig später wieder zurück. Ein Häftling kam bei dem Angriff ums Leben, 18 Menschen wurden verletzt.
Ein Armeesprecher in Kiew erklärte, das Militär ziehe den Belagerungsring um Donezk immer enger. „Mehrere Stützpunkte der Terroristen wurden attackiert“, sagte er. Die moskautreuen Aufständischen erwiderten das Feuer. Sie fordern eine Waffenruhe, verlangen aber, dass sich die Regierungstruppen aus der Ostukraine zurückziehen. Die Führung in Kiew lehnt eine Feuerpause ab und fordert, dass die Aufständischen zunächst ihre Waffen niederlegen.
Humanitäre Katastrophe droht
Auch in Lugansk wird die Situation für die Zivilbevölkerung immer unhaltbarer. Bereits vor Tagen hatten die Behörden um Hilfe gebeten, nachdem es nicht gelungen war, den Großteil der Bevölkerung zur Flucht zu überreden. Die Idee Russlands, Hilfstransporte von Organisationen wie dem Roten Kreuz durch das Kriegsgebiet zu eskortieren, stoßen bei der ukrainischen Regierung auf Ablehnung.
In Lugansk leben die Menschen seit neun Tagen ohne Strom, Wasser und Gas. Von den ehemals 450.000 Bewohnern sollen sich nach Angaben der Stadt noch 220.000 bis 250.000 Menschen in Lugansk aufhalten. Das ukrainische Fernsehen zeigt Bilder von Frauen, die auf offenem Feuer Suppe kochen. Als Brennstoff dienen unter anderem Bäume aus dem Stadtpark. Viele alte Menschen sind auf Medikamente angewiesen, die derzeit ebenfalls fehlen. Bei hochsommerlichen Temperaturen über 30 Grad leiden auch Kinder und Kranke. Die Menschen stehen oft stundenlang an Wasserstellen wie Brunnen an, um an Trinkwasser zu kommen.
Der Sender ICTV zeigte eine Frau, die erzählte, dass das Wasser gerade einmal zum Essenzubereiten und zum Abwasch reicht. Der vor etwa zwei Wochen eingerichtete grüne Korridor, den die Menschen zur Flucht Richtung Westen oder Russland nutzen sollten, ist längst nicht in dem Maße angenommen worden wie von den Behörden erhofft. Die Stadt ihrerseits hatte zwar Busse zur Verfügung gestellt, doch vor allem Alte und Menschen mit kleinem Einkommen haben sich entschieden, in der umkämpften Stadt auszuhalten.
Auch den Bewohnern Donezks geht es nicht besser. Sie leben seit Samstag in einer vom ukrainischen Militär umstellten Stadt. Die Anführer der sogenannten „Volksrepublik Donezk“ sprachen erneut von einem „zweiten Stalingrad“. Man werde die Stadt nicht räumen und um jedes Haus kämpfen. Die Separatisten fordern einen Waffenstillstand, damit die Stadt mit Lebensmitteln versorgt werden kann. Anstelle einer Feuerpause nahmen ukrainische Streitkräfte die einstige Millionenstadt unter Dauerfeuer. Kiew fordert die Kapitulation der prorussischen Kämpfer.
Hilfe vom Westen gefordert
Russland soll in der vergangenen Woche vertrauliche Gespräche mit Hilfsorganisationen wie dem Roten Kreuz geführt haben. Auf internationaler Ebene habe Moskau angeboten, humanitäre Transporte durch russisches Militär zu begleiten. Die ukrainische Seite lehnt ein solches Vorhaben grundsätzlich ab, weil sie eine russische Invasion unter der Tarnkappe des Roten Kreuzes befürchtet. Am Sonntag war die Organisation nicht zu erreichen. Es gibt bisher auch keine Stellungnahmen über mögliche Hilfen für die ostukrainische Zivilbevölkerung.
Präsident Petro Poroschenko hat am Wochenende bei Telefonaten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Vize- Präsident Joe Biden erklärt, seine Regierung sei für eine humanitäre Mission nach Lugansk. Allerdings müssten die Bedingungen für eine solche Aktion klar formuliert sein. Auf keinen Fall solle Russland eine führende Rolle bei Hilfemaßnahmen im Donbass erhalten. Poroschenko machte deutlich, dass Grenzverletzungen nicht hingenommen werden würden. Nach Meinung der Ukrainer sollten ukrainische Grenzbeamte die Konvois des Roten Kreuzes oder anderer Hilfsorganisationen durch die umkämpften Gebiete begleiten. Unterdessen soll der Präsident der Teilrepublik Tschetschenien, Ramsan Kadyrow, bereit sein, humanitäre Hilfe im Wert von 7,5 Millionen Dollar in die Ostukraine zu bringen.
Auf Instagram kündigte er an, die Hilfe „zur Not auch über die Grenze zu schmuggeln“. Der Großteil der Nahrungsmittel und Medikamente sei für die Bevölkerung in Lugansk bestimmt. Solche Äußerungen sind für die ukrainischen Vertreter „zynische Provokationen“, wie der Militärexperte Dmitri Tymtschuk auf seiner Facebook-Seite schreibt. Andere Internetnutzer fragen sich, wieso wieder internationale Hilfe nötig sei und warum ein Land mit 45 Millionen Einwohnern wie die Ukraine es organisatorisch nicht schaffe, dass 250.000 Menschen geholfen wird.
Am Freitag soll ein Konvoi des Roten Kreuzes begleitet von russischen Soldaten bis an die ukrainische Grenze herangefahren sein. (mit dpa)