zum Hauptinhalt
Patienten müssen fünf Tage lang täglich acht Kapseln einnehmen.
© Merck & Co Inc/Handout via REUTERS

Molnupiravir in England zugelassen: Nutzen und Risiko der ersten Covid-19-Pille

Der britische Gesundheitsminister Sajid Javid pries die Zulassung als „historischen Tag für unser Land“. Was kann die kleine Kapsel?

Die britische Arzneimittelbehörde MHRA hat erstmals eine Tablette zur Behandlung von Covid-19 zugelassen. Das antivirale Mittel Lagevrio (auch bekannt unter dem Namen Molnupiravir) sei sicher und effektiv bei der Verminderung des Risikos von Krankenhauseinweisungen und Todesfällen bei Covid-Patienten mit milden und mittelschweren Verläufen, hieß es in einer Mitteilung der britischen Regierung am Donnerstag.

Es handle sich um das weltweit erste zugelassene antivirale Mittel zur mündlichen Einnahme gegen Covid-19.

Wie wirkt Molnupiravir?

Das Präparat störe die Vermehrung des Virus und vermindere so schwere Krankheitsverläufe, so die Mitteilung weiter.

[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Max-Planck-Direktor Patrick Cramer erklärt im "Ärzteblatt" die Wirkung in zwei Phasen: "Molnupiravir wird nach oraler Einnahme erst durch die Verstoffwechselung im Körper aktiviert. Körperzellen wandeln es in RNA-ähnliche Bausteine um." In der ersten Phase werden die Bausteine in das Virus-RNA-Erbgut eingeschleust. In der zweiten Phase verbinden sich die RNA-ähnliche Bausteine mit denen des viralen Erbguts. So können sich die Erreger nicht mehr vermehren.

Wie lange dauert die Therapie?

Klinischen Studien zufolge sei es am wirksamsten, wenn es so bald wie möglich nach einem positiven Test eingenommen werde und innerhalb von fünf Tagen nach dem Beginn von Symptomen. Zudem ist es als Tablette leicht und zu Hause einzunehmen.

Wer sollte Molnupiravir einnehmen?

Der britische Gesundheitsminister Sajid Javid sagte, die Zulassung sei „spielentscheidend“ für Risikogruppen wie Menschen mit unterdrücktem Immunsystem und pries sie als „historischen Tag für unser Land“. Der Berliner Arzt Dr. Axel Baumgarten war an den Studien beteiligt, setzte die Kapseln bei Risikopatienten ein. Dem BR sagte der Studienarzt: "Das sind ältere Patienten gewesen, über 60, Diabetes, Bluthockdruck, chronische Lungenerkrankung: Also Leute, die diese Risikofaktoren mitbringen. Die Studie wurde jetzt aufgrund der Erfolgsraten vorzeitig beendet."

Was sind die Risiken?

Es gibt aber auch Risiken, veröffentlichte der "Deutschlandfunk". Es könne zu ungewollten Mutationen im Erbgut kommen. Es wird befürchtet, dass vielleicht Krebs ausbrechen oder Schäden bei Kindern im Mutterleib entstehen könnten, wenn Schwangere das Medikament einnehmen.

Wissenschaftler der University of North Carolina stellten bei Versuchen mit Zellkulturen von Säugetierzellen Veränderungen fest. Fachleute halten es aber für unwahrscheinlich, dass das bei menschlichen Patienten unter realistischen Bedingungen passiert.

"Das wäre natürlich eine gefährliche Sache, denn man will nicht in die DNA im menschlichen Körper eingreifen, weil das zu allen möglichen Folge-Problemen führen kann. Und diese Sache muss natürlich erst ausgeschlossen werden, bevor man dann in die breite Anwendung geht", sagte Patrick Cramer dem "BR".

[Lesen Sie auch: „Mich überrascht diese Zusammenstellung etwas“: Die fünf aussichtsreichsten neuen Medikamente gegen Covid-19 (T+)]

Wann kommt Molnupiravir nach Europa?

Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA hatte Ende Oktober angekündigt, den Einsatz von Molnupiravir zu prüfen. Auch die US-Behörde FDA hat ein Zulassungsverfahren für das Mittel eingeleitet. Die EMA prüft zudem sieben weitere mögliche Corona-Mittel.

Als bisher einziges Mittel ist Remdesivir (Handelsname Veklury) des US-Konzerns Gilead seit Juli 2020 in der EU zugelassen - aber nur für bestimmte, schwer erkrankte Corona-Patienten. Es wird als Infusion gegeben.

Molnipiravir wurde von den Pharmakonzernen Ridgeback Biotherapeutics und Merck Sharp & Dohme (MSD) entwickelt. (dpa/tsp)

Zur Startseite