Laschet und Söder in der Masken-Affäre: Nur wer die Raffke-Mentalität ächtet, kann Kanzler werden
Armin Laschet und Markus Söder müssen Haltung zeigen in der Masken-Affäre. Sonst können sie sich die Antwort auf die K-Frage sparen. Ein Kommentar.
Als Markus Söder noch ganz heiß als Kanzlerkandidat gehandelt wurde, hat er an das Amt eine hohe Messlatte angelegt: Nur wer Krise könne, dürfe den Anspruch erheben, das Land zu führen.
Der CSU-Chef meinte die Coronakrise. Der Anspruch war aber ausdrücklich als moralischer formuliert, er passt also erst recht zur Coronagewinnler-Krise. Für Söder und den CDU-Vorsitzenden Armin Laschet fängt die gerade erst an. Denn es geht dabei, unabhängig von den konkreten Fällen, um sehr grundsätzliche Fragen.
In den konkreten Fällen ist beiden Parteichefs bisher wenig vorzuhalten. Söder hat ein paar Tage gebraucht, bis er die Konsequenz daraus zog, dass die Masken-Provision für den Abgeordneten Georg Nüßlein ein Unding war, egal ob sie gegen Strafrecht verstößt. Aber dann hat der CSU-Chef hart reagiert.
Laschet ließ dem Abgeordneten Nikolas Löbel mit Parteiausschluss drohen, wenn der nicht selber geht. Die Unionsfraktion forscht nach, ob es weitere Fälle gibt. So weit, so gut, so unvermeidlich.
Das eigentliche Problem für Laschet wie Söder zeigt sich in einem Detail der beiden Raffke-Fälle. Die Herren fühlten sich nicht ertappt, sondern im Recht: Man wird doch als Abgeordneter noch Geld verdienen dürfen! Das darf man; und mancher, der jetzt laut nach einem Sonderermittler ruft, verdient mit seiner Prominenz selbst nicht schlecht.
Doch zwischen dürfen und sollen besteht ein Unterschied. Gerade wem das Jakobinertum suspekt ist, das den gläsernen Abgeordneten fordert, muss Wert auf Selbstbescheidung legen. Gerade wer es nicht für sinnvoll hält, dass der Preis für ein Mandat in der Aufgabe ökonomischer Unabhängigkeit liegen soll, muss Abhängigkeiten vermeiden. Freiheit und Verantwortung sind Zwillinge; keiner ist ohne den anderen zu haben.
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Nüßlein und Löbel fanden nichts dabei, ihre Kontakte zu Geld zu machen. Sie kamen nicht auf die Idee, dass ihr Geschäft erst recht problematisch ist in einer Zeit, in der sie als Abgeordnete die Regierung ermächtigt haben, anderen Menschen im Lockdown die Geschäfte stillzulegen.
Diese Ich-habs-verdient-Mentalität ist nicht auf Extremfälle beschränkt. Sie zeigt sich im gut dotierten Redeauftritt genauso wie in Pöstchenwirtschaft oder in „Beratertätigkeit“, die sich auf Kontakte aus früheren Ämtern und auf den MdB-Briefbogen stützt. Die Union ist dafür nicht von Natur aus anfälliger, wie ihre politischen Gegner suggerieren. Aber als Dauer-Regierungspartei mit dezidierter Wirtschaftsnähe sind die Gelegenheiten zum moralischen Versagen häufiger.
Der CDU- wie der CSU-Chef haben jetzt die Aufgabe, diese Denkungsart zu ächten. Man kann das in Verhaltensregeln tun und in Parteiprogrammen. Man kann es mit politischen Sanktionen verbinden, die jedem klarmachen, dass nicht nur Gesetze ihm Grenzen setzen.
Das klingt nach wenig. Es wird den Konkurrenten der Union nicht reichen. Aber so wenig die Coronakrise allein per Verordnung zu lösen ist, sondern die Eigenverantwortung der Bürger erfordert, so wenig gelingt das mit der Coronagewinnlerkrise. Vorschriften ersetzen keine Haltung.
Wenn Laschet und Söder in ihren eigenen Reihen diese Haltung nicht nachhaltig durchsetzen, dann darf keiner von beiden den Anspruch erheben, das Land zu führen. Dass sie das Problem gemeinsam haben, kann der Sache übrigens nur helfen. Keiner zieht für die K-Frage daraus Vorteile. Im Gegenteil: Beide müssen erst mal dafür sorgen, dass es überhaupt noch relevant bleibt, wer der Kandidat wird.
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