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Es geht um den Zusammenhang zwischen Bienen und Weltuntergang.
© obs

Matthies meint: Nur noch vier Jahre bis zum Weltuntergang

Sterben die Bienen, droht die Apokalypse. Wer glaubt das eigentlich?, fragt unser Kolumnist. Eine Glosse.

Eine Glosse von Lars von Törne

Es ist schwieriger, eine vorgefasste Meinung zu zertrümmern als ein Atom.“ Na, wer hat’s gesagt? Nein, es war nicht Albert Einstein, denn der hat sogar selbst bestritten, diesen Satz formuliert zu haben. Einen anderen, noch viel populäreren Satz, den er nie gesagt hat, kann er nicht mehr dementieren. Er lautet: „Wenn die Biene einmal von der Erde verschwindet, hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben.”

Wer glaubt sowas überhaupt? Vier Jahre, nicht drei oder fünf, das kann eigentlich nur ein Universalgenie mit Hilfe eines stadiongroßen Elektronen-Synchrotrons errechnet haben – ist es das? Oder ist es die verbreitete Weltuntergangshysterie, die sich auf nahezu jeden Unsinn stürzt, wenn er nur das Armageddon so nah heranrückt, dass wir alle noch was davon haben?

Interessant ist das mit den Bienen aktuell übrigens, weil Manuela Schwesig den falschen Einstein-Satz soeben zur Eröffnung des Bienenhauses in Stolpe an der Peene verbreitet und sich damit, immerhin, reichlich Internet-Spott eingefangen hat. Der große Österreicher HC Strache, wir kennen ihn nun alle, hat ihn schon 2013 getwittert, um der damals noch ohne ihn regierenden ÖVP eins auszuwischen, und er fügte hinzu: Diese Partei setzte „lieber auf Raubtier-Kapitalismus, globale Konzerninteressen, Chemie, Pharmakonzerne und tödliche Pestizide statt auf Umwelt, Natur, Gesundheit, Heimat und Menschen! Eine Schande!“ Das immerhin muss man Einstein lassen: Er schafft es noch posthum, reintönige Austrofaschisten wie linksradikale Youtuber klingen zu lassen.

Es geht um die Wildbienen und um andere Insekten. Die Honigbiene ist nur das Postergirl.

schreibt NutzerIn Mutti4711

Nun könnte es natürlich sein, dass der Bienen-Aphorismus zwar nicht von Einstein, aber trotzdem richtig ist, sagen wir, so plusminus 20 Jahre. Dagegen spricht allerdings, dass die Hauptarbeit beim Bestäuben doch immer noch vom Wind und allerhand anderen Insekten übernommen wird, und dass es in Nordamerika bis zum 18. Jahrhundert menschliches Leben durchaus ganz und gar ohne Bienen gab. Wir brauchen sie, keine Frage, sie sollen nach Kräften leben – aber wo ist jetzt genau das Problem? Die Zahl der deutschen Bienenvölker hat sich von 2007 bis 2017 sogar enorm erhöht, Spritzmittel wurden verbessert, Vorschriften verschärft; seitdem jagt praktisch ein Bienensterben das nächste.

Insofern wird die konkrete Überprüfung des Vier-Jahre-Satzes schwer werden. Halten wir es mit einem anderen klugen Physiker und Universaldenker, Georg Christoph Lichtenberg. Er hat schon 1790 geschrieben: „Die gefährlichsten Unwahrheiten im Internet sind Wahrheiten, mäßig entstellt.“

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