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Blick in der Treppenhaus einer Grundschule in Berlin.
© dpa

Berlins marode Schulen: Nur fünf Jahre Verspätung

Kurz vor der Wahl legt die Berliner SPD legt dar, was in ihrer Regierungszeit alles kaputtgespart wurde. Das Manöver ist jedoch zu etwas gut. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Susanne Vieth-Entus

Der Wähler reibt sich die Augen: Nach 15 Jahren Verantwortung im Finanz- und 20 Jahren im Bildungsressort ist die SPD plötzlich bereit, sich für Berlins Schulen in die Bresche zu werfen. Im Wochentakt werden Milliardensummen verkündet, die nötig sind, um den Zusammenbruch der Gebäude aufzuhalten. Der Regierende Bürgermeister verkündet gar nach dem „Jahrzehnt der Konsolidierung das Jahrzehnt der Investitionen“.

Und plötzlich scheint alles ganz einfach: neue Strukturen, neues Geld, neue Mitbestimmungsrechte der Eltern. Wann jemals zuvor haben sich die Spitzen von Partei und Fraktion derart ins Zeug gelegt, um ein Feld zu beackern, das so überhaupt nicht sexy ist, sondern nach Urinstein stinkt und nach Wasserschäden aussieht?

Es weitet den Blick für die Möglichkeiten, die Berlin hat

Nun also das: Die gesamte Elite der Landes-SPD ruft zur konzertierten Aktion auf und legt ein erstaunliches Konzept vor. Ein Konzept, das die Materie mehr durchdrungen hat als alle Konzepte der vergangenen Jahre. Ein Konzept mit Neuigkeitswert. Ein Konzept, das voller Anstöße steckt und das mit aller Brutalität darlegt, was in den vergangenen Jahrzehnten durch den „Konsolidierungskurs“ kaputtgespart wurde.

Michael Müller wirbt um Verständnis für die Versäumnisse bei der Gebäudeunterhaltung, wenn er daran erinnert, dass es Zeiten gab, als der Finanzsenator nicht einmal mehr wusste, womit er im nächsten Monat die Gehälter der öffentlich Beschäftigten bezahlen sollte. Aus dieser Zeit stammen die desaströsen Einschnitte bei den Hochbauämtern. Nur – diese Zeiten sind lange vorbei. Spätestens zu Beginn dieser Legislaturperiode im Jahr 2011 hätte die SPD kraft ihrer Ämter umsteuern können. Stattdessen begnügte sie sich damit, mit immer neuen kurzatmigen Programmen die Schulen ruhig zu stellen; um jetzt, rund 80 Tage vor der Wahl, endlich richtig Farbe zu bekennen.

Trotz all seiner Durchsichtigkeit ist dieses SPD-Manöver zu etwas gut. Denn es weitet den Blick für die Möglichkeiten, die Berlin hat, wenn es innerhalb seiner Verfassung und seiner finanziellen Möglichkeiten die Lage der Schulen verbessern will: Mit dem Elan eines neuen Senats könnte es gelingen, die besten Denkanstöße herauszufiltern und dafür zu sorgen, dass zumindest die nächste Generation ihre Schulen lieben wird.

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