Pretzell-Gegner: NRW-AfD wählt Martin Renner zum Bundestagswahl-Spitzenkandidaten
Renner erhielt in der Stichwahl die nötige Mehrheit. Gleichzeitig demonstrierten in Essen knapp 500 Menschen gegen die Veranstaltung der AfD.
Der nordrhein-westfälische AfD-Landesvorsitzende Marcus Pretzell hat erneut eine innerparteiliche Niederlage erlitten. Bei der Landeswahlversammlung am Samstag in Essen setzte sich der von ihm unterstützte Kandidat Kay Gottschalk nicht als Spitzenkandidat für die Bundestagswahl durch. Die Delegierten wählten in einer Stichwahl Pretzells Dauergegner, den Co-Vorsitzenden Martin Renner, auf Platz eins der Landesliste.
Renner und Pretzell sind tief zerstritten. Vor vier Wochen hatte Pretzell bei einem Landesparteitag in Oberhausen noch versucht, Renner als Landessprecher, wie die beiden gleichberechtigten Landeschefs offiziell heißen, abzuwählen. Der Antrag erhielt jedoch nicht die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit.
Gewinner der Stichwahl
Pretzell ist der Ehemann der Bundesvorsitzenden Frauke Petry, die mit dem konservativen Flügel ihrer Partei im Clinch liegt. Renner wird diesem Flügel zugerechnet. Nach der Wahl des 62-Jährigen am Samstag demonstrierten er und Pretzell jedoch Einigkeit. Renner sprach von einer zurückliegenden „Phase des Streits“. Er erhielt in der Stichwahl 179 Stimmen und damit eine mehr als nötig. Für den Hamburger AfD-Politiker Gottschalk votierten 167 Delegierte.
Der NRW-Landesverband ist mit knapp 4600 Mitgliedern der mitgliederstärkste Landesverband der rechtspopulistischen Partei. Bundesweit hat die Partei 27 000 Mitglieder.
Renner sprach in seiner Vorstellungsrede von einer „sozialistischen Versiffung unserer Gesellschaft“. Schwarz-Rot-Grün seien die Farben, die die Gesellschaft zerstörten.
Keine klare Distanzierung von Höcke
Ein Delegierter fragte ihn nach der umstrittenen Dresdner Rede des thüringischen AfD-Landeschefs Björn Höcke. Höcke hatte offensichtlich mit Blick auf das Holocaust-Mahnmal in Berlin gesagt: „Wir Deutschen, also unser Volk, sind das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat.“ Renner sagte: „Die angesprochenen Themen in dieser Rede mache ich seit vier Jahren genauso - aber ich sag's ganz anders.“ Er müsse nicht solch eine „Wochenschau-Intonation“ haben. „Aber die Themen sind richtig, die lässt man uns nicht besprechen.“ Renner sprach in diesem Zusammenhang von einer „Schuldkult-Hypermoralisierung“. Sie werde instrumentalisiert, um bestimmte politische Entwicklungen zu rechtfertigen.
Knapp 500 Menschen demonstrierten gegen die Versammlung. Der Protest des Bündnisses „Essen stellt sich quer“ stand unter dem Motto „Rassismus ist keine Alternative“. (dpa)