Strategiepapier: Nordrhein-Westfalen fordert Ausbau des Verfassungsschutzes
Seit der Maaßen-Affäre steht der Verfassungsschutz wieder zur Debatte. Die Grünen wollen ihn verkleinern – für NRW-Behördenchef Freier ein großer Fehler.
In die Debatte um den seit der Maaßen-Affäre wieder umstrittenen Verfassungsschutz hat sich ein hochrangiger Mitarbeiter des Nachrichtendienstes eingeschaltet. Der Chef des Verfassungsschutzes in Nordrhein-Westfalen, Burkhard Freier, verwahrt sich gegen Forderungen, den Nachrichtendienst zu schrumpfen und hält vielmehr eine Stärkung für notwendig.
„Eine einseitige Konzentration auf die Aufgabe als Vorfeldbehörde bei der Gefahrenabwehr würde den gesetzlichen Auftrag der Verfassungsschutzbehörden zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung deutlich verkürzen“, warnt Freier im Strategiepapier „Verfassungsschutz der Zukunft“, das in Abstimmung mit Landesinnenminister Herbert Reul (CDU) entstand. Die elf Seiten liegen dem Tagesspiegel vor.
Die Grünen hatten gefordert, das Bundesamt für Verfassungsschutz auf ein „Amt zur Gefahrenerkennung und Spionageabwehr“ zu verkleinern. Damit wäre die Behörde lediglich für die Beobachtung der harten Kerne extremistischer Szenen sowie ausländischer Spione zuständig, deren Aktivitäten nur mit V-Leuten und anderen nachrichtendienstlichen Mitteln aufgeklärt werden können. Mit der Radikalisierung im Vorfeld extremistischer Milieus soll sich nach dem Willen der Grünen ein eigenständiges „Institut zum Schutz der Verfassung“ befassen, das nur öffentlich zugängliche Quellen sichtet und keine „Eingriffsbefugnisse“ hat.
Freier hingegen will den Nachrichtendienst näher an die Gesellschaft heranführen. Der Verfassungsschutz sei wegen seines Einblicks in extremistische Szenen „weit im Vorfeld der Gefahrenabwehr“ die einzige Behörde, die dem Auftrag eines Frühwarnsystems gerecht werden könnte, heißt es in dem Papier. „Eine Weiterentwicklung hin zu einem ganzheitlicheren Ansatz als bisher wäre daher die konsequente und für die Demokratie in Deutschland die sinnvollste Variante“.
Schon seit Jahren setzt sich Freier für den Ausbau der Kommunikation des Verfassungsschutzes mit Zivilgesellschaft und Wissenschaft ein, um Radikalisierung gerade bei jungen Menschen sowie die wachsende Mobilisierungsfähigkeit von Extremisten frühzeitig erkennen zu können.
Nachrichtendienst soll sich stärker an Prävention beteiligen
Im Papier verweist Freier auf die Versuche von scheinbar gemäßigt auftretenden Extremisten wie dem Bündnis „Interventionistische Linke“, den islamistischen Muslimbrüdern und der neurechten „Identitären Bewegung“, in die Mitte der Gesellschaft vorzudringen. Der Verfassungsschützer wirbt zudem dafür, dass der Nachrichtendienst sich bundesweit stärker an Prävention beteiligt.
Freier betont, am föderalen Aufbau des Verfassungsschutz sei „festzuhalten“. Die Botschaft richtet sich auch ans Bundesamt für Verfassungsschutz. Ex-Präsident Hans-Georg Maaßen hatte mit den Landesbehörden um die Zentralisierung von Kompetenzen gestritten.