Wahlen in der Ukraine: Niederlage für die rechten Parteien
Die Ukraine hat ein neues Parlament gewählt. Die proeuropäischen Kräfte gingen als Sieger aus dieser Wahl hervor - und es gab einige Überraschungen. Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick.
Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Präsidentenpartei und Partei des Regierungschefs: Die Wähler bestätigten die bisherige ukrainische Führung deutlich: Die beiden stärksten Parteien sind der Wahlblock von Präsident Petro Poroschenko und die neu gegründete "Volksfront" des Regierungschefs Arsenij Jazenjuk. Letztere gilt als eigentliche Gewinnerin der Wahl. Am Montagabend lag sie nach Auszählung von etwa zwei Dritteln der Stimmen sogar mit einem hauchdünnen Vorsprung vor Poroschenkos Wahlblock. Damit hatte keiner der Kommentatoren vor dem Wahltag gerechnet.
Neue Partei überraschend stark: Eine weitere neue Partei wurde überraschend drittstärkste Kraft. Die ebenfalls proeuropäische Partei "Samopomitsch" (Selbsthilfe), die der Bürgermeister der westukrainischen Stadt Lwiw gegründet hatte, wurde aus dem Stand drittstärkste Kraft. In dieser Partei sind viele Aktivisten vom Maidan versammelt. Die Partei will sich nun als erstes dafür einsetzen, dass die Immunität von Parlamentsabgeordneten grundsätzlich aufgehoben wird. Damit soll die in der Ukraine weit verbreitete Korruption bekämpft werden. Wem in diesem Bereich Strafverfolgung fürchtete, konnte sich bisher durch den Einzug in die Werchowna Rada retten. Die Partei erhielt ihren größten Stimmenanteil übrigens nicht im Bezirk Lwiw, sondern in der Hauptstadt Kiew.
Ultrarechte Parteien könnten an Fünf-Prozent-Hürde scheitern: Deutlich schlechter als in den Umfragen schnitt die rechtspopulistische "Radikale Partei" ab. Sie landete in den Hochrechnungen mit 7,4 Prozent auf dem fünften Platz. Umfragen hatten die Partei noch als zweitstärkste Kraft gesehen. Die nationalistische Partei "Swoboda" könnte an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern: Nach Auszählung von fast zwei Dritteln der Stimmen lag sie am Montagabend bei 4,7 Prozent. Bei der Parlamentswahl 2012 - damals hieß der Präsident noch Viktor Janukowitsch - hatte Swoboda dagegen 10,5 Prozent der Stimmen erhalten. Noch schlechter schnitten am Sonntag die Ultrarechten ab: Der "Rechte Sektor" kam laut den Hochrechnungen sogar nur auf 1,9 Prozent. Parteichef Dmitro Jarosch wird allerdings dennoch im neuen Parlament sitzen, er gewann im Bezirk Dnipropetrowsk ein Direktmandat.
Schwere Niederlage für Julia Timoschenko: Nur ganz knapp schafft es die Partei "Vaterland" Julia Timoschenko ins Parlament. Das ist für die Ex-Regierungschefin, die bis Februar die berühmteste Gefangene der Ukraine war, eine schwere persönliche Niederlage. Mit ihren einstigen politischen Weggefährten hatte sie sich in den vergangenen Monaten entzweit, was zur Gründung der "Volksfront" von Jazenjuk führte. Diese Wahl könnte nun endgültig das politische Ende Timoschenkos bedeuten.
Kommunisten erstmals nicht mehr im Parlament: Erstmals in der Geschichte der Ukraine sind die Kommunisten nicht mehr im Parlament vertreten. In den Hochrechnungen kamen sie nur auf 4 Prozent. Dies hängt wahrscheinlich auch damit zusammen, dass im Osten der Ukraine, in den traditionellen Hochburgen der Kommunistischen Partei, in etwa der Hälfte der Wahlbezirke wegen des bewaffneten Konflikts nicht abgestimmt werden konnte.
Partei mit alten Janukowitsch-Anhängern schwach: Und was ist aus den einstigen Anhängern von Ex-Präsident Viktor Janukowitsch geworden, gegen den sich die Proteste auf dem Maidan gerichtet hatten? Die alte Regierungspartei, die Partei der Regionen, trat nicht mehr an. Viele Anhänger von Janukowitsch versammelten sich im "Oppositionsblock", der den Einzug ins Parlament den Hochrechnungen zufolge mit 9,9 Prozent der Stimmen schaffte. Besonders gut schnitt die Partei im Osten des Landes ab. Weil viele Bürger in den Regionen, die die von Russland gelenkten Separatisten beherrschen, nicht wählen konnten, erlitt die Partei am Ende große Verluste.
Die großen Unbekannten: Nur die Hälfte der Sitze in der Werchowna Rada, dem ukrainischen Parlament, wird über Parteilisten bestimmt. Die andere Hälfte wird an Direktkandidaten vergeben. Viele von ihnen sind - zumindest auf dem Papier - unabhängig. In der Vergangenheit versuchten Oligarchen gern, sich ihre Unterstützung zu kaufen und sich damit Einfluss im Parlament zu sichern. Es gilt als wahrscheinlich, dass es ähnliche Versuche auch bei dieser Wahl noch gibt. An der deutlichen Mehrheit für die proeuropäischen Kräfte dürfte sich dennoch nichts ändern.