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Armin Laschet stellt eine Angela-Merkel-Biographie vor
© Annette Riedl/dpa

Armin Laschet stellt eine Merkel-Biographie vor: Nicht auf den Schultern der Kanzlerin

Im Wahlkampf wird auch eine Buchvorstellung gleich politisch. Besonders, wenn es um Angela Merkel und das Erbrecht an der Raute geht.

Nein, sagt Armin Laschet, dass Olaf Scholz in den Augen vieler Wähler so gut dastehe: „Nein, das schmerzt mich nicht.“

Die Frage war natürlich auch naiv. Ein Kanzlerkandidat der Union kann ja schlecht zugeben, dass er dem Konkurrenten von der SPD möglicherweise seine guten Umfragewerte neidet. Aber Laschet wirkt im Saal des Auditorium Friedrichstraße wirklich nicht wie ein Schmerzensmann. Das liegt an der Frau, die im Zentrum des Abends steht, auch wenn sie gar nicht da ist.

Laschet stellt nämlich am Mittwochabend eine Angela-Merkel-Biographie vor. Der Journalist Ralf Bollmann hat sie geschrieben, gut 800 Seiten über das Leben und das politische Wirken der Frau, die Laschet beerben will.

Bollmann hat bei der taz und der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ die letzten Merkel-Jahre miterlebt. Vor allem aber ist er Historiker. Das liest man. So ruhig und gelassen hat selten jemand über Merkel geurteilt. Bollmann beschreibt ihre Siege so klar wie er ihre Niederlagen ungeschönt analysiert, und ganz nebenher widerlegt er manche populäre Lesart etwa ihrer Flüchtlingspolitik als einfach nur schlecht recherchiert.

Als Laschet den Termin vor Wochen zusagte, war das wahrscheinlich als elegante Möglichkeit gedacht, die zurückhaltende Kanzlerin indirekt doch noch in diesem Wahlkampf auftauchen zu lassen. Dass es nicht mehr nötig sein würde, konnte er nicht ahnen. Merkel hat sich gegen ihren erklärten Vorsatz ja nun doch in den Wahlkampf eingemischt und den SPD-Bewerber kurz einmal abgewatscht.

Warnung vor Rot-Rot-Grün mit einer Art Gütesiegel

Die Frage der Moderatorin Bascha Mika nach dem Schmerz über Scholz’ Performance nimmt Laschet denn auch gerne als Gelegenheit, daran noch einmal zu erinnern. Dass Merkel Scholz das Recht absprach, sich als ihren geborenen Erben zu inszenieren, sei ja schon „für sie ungewohnt“ gewesen, betont Laschet.

Er muss gar nicht selbst hinzufügen, dass es doppelt schön für ihn war, dass Merkel damit seine eigene Warnung vor Rot-Rot-Grün mit einer Art Gütesiegel versah. Aus dem Mund der angesehendsten Politikerin der Republik hat der Vorwurf, bei Scholz wisse man nicht so genau, ob er nicht doch mit den Linken paktieren würde, ein ganz anderes Gewicht als wenn ihn ein Kandidat im Abwärtssog erhebt.

Scholz kann sich übrigens schlecht beschweren. Er hat die Zurechtweisung geradezu provoziert. Der SPD-Kandidat gebärdete sich zuletzt immer unverhohlener als Merkel-Widergänger, "Kanzlerin"-Plakat und Foto mit Raute inklusive.

Das konnte sie nicht einfach stehen lassen. Am Ende hätte man ihr ein Schweigen noch als stillschweigende Zustimmung ausgelegt. So war es nicht gemeint, darum die Klarstellung. „Das war ihr gestern ein Bedürfnis“, sagt Laschet und prophezeit: „Sie wird noch oft sagen, wen sie schätzt als Nachfolger.“

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Aber der Kanzlerkandidat der Union hat erkannt, dass in der Intervention zu seinen Gunsten zugleich eine Gefahr steckt. Man könnte sie schließlich auch als Hinweis darauf deuten, dass die Verzweiflung in der CDU über den Umfrageabsturz ihres Frontmanns jetzt sogar im Kanzleramt angekommen sei.

Merz rief Merkel zur Beteiligung am Wahlkampf auf

Oder dass, was auch nicht richtig schmeichelhaft wäre, er nur auf den Schultern seiner Vorgängerin noch ins Ziel kommen kann. Wenn sogar Friedrich Merz anfängt, plötzlich nach seiner alten Rivalin zu rufen, liegt diese Deutung nicht fern. „Wo es jetzt wirklich um alles geht, hoffe ich, dass Angela Merkel sich noch einmal persönlich in diesem Wahlkampf engagiert“, hatte Merz im Interview mit RTL und n-tv gefordert.

Laschet scheint mehr zu wissen als der Sauerländer. „Sie wird jetzt auch noch unterstützen“, bekräftigt er.

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Aber nicht zu viel. Dass sich Merkel aus dem Rennen um den CDU-Vorsitz genauso herausgehalten hat wie aus dem um die Kanzlerkandidatur, das sei richtig und gut gewesen.

Und auch jetzt finde er nicht, dass sie zu wenig tue. "Soll Angela Merkel jeden Tag neben mir auf der Bühne stehen, auf mich zeigen und sagen: Der isses, helft dem, den will ich unterstützen? So läuft das nicht.“

Nein, das wichtigste Amt Europas müsse sich jeder selbst erkämpfen: „Ein Kanzleramt erbt man übrigens nicht.“

[Mehr zum Thema: CDU-Kandidat Georg Günther - Der Mann, der Angela Merkel beerben will (T+)]

Schon gar nicht in dieser besonderen Situation, in der Merkel freiwillig aufhört. Ob das für die Leute ähnlich sei wie beim Ende der Ära Kohl, will die Moderatorin noch wissen. Nein, sagt Laschet. Da habe es diese Kohl-muss-weg-Stimmung gegeben.

Jetzt sei da eher ein Bedauern und die Frage: „Was kommt jetzt?“ Und es gebe drei Kandidaten, „von denen man nicht weiß: Können die das?“

Im Publikum halten einige sichtbar die Luft an. Denn der Satz ist ja so ganz abstrakt gesprochen durchaus wahr, nur, ist er eine Empfehlung? „Ich glaube, ich kann das“, fährt Laschet fort. Ob er je daran gezweifelt habe? Nein.

Vielleicht denkt er gerade noch mal an die Antwort, die er ganz am Anfang auf die Frage gegeben hatte, was sein erster „Merkel-Moment“ gewesen sei. Laschet hat kurz nachgedacht und dann die Geschichte erzählt, dass der damals schon legendäre Sozialminister Norbert Blüm keine Lust hatte, die frischbackene Ministerin aus dem Osten in Bonn zu treffen.

„Dass sie unterschätzt wurde, ist ihr sehr häufig passiert“, fügte er hinzu. Und es wirkte ganz so, als ob ihm dabei der Gedanke gut gefiel, dass er der großen Amtsinhaberin am Ende doch ähnlicher sein könnte als der Konkurrent, der auf Raute macht.

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