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Standort Gorleben: Jahrzehntelang hat sich die Suche nach einem Endlager für Atommüll auf den Salzstock im Wendland konzentriert.
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Update

Atommüll: Neustart in der Endlagersuche

Von einer "weißen Landkarte" spricht Umweltminister Norbert Röttgen und sagt, es gebe "kein Tabu": Die Suche nach einem sicheren Endlager soll nach 35 Jahren neu beginnen.

Die Suche nach einem Endlager für den hochradioaktiven Müll aus den deutschen Atomkraftwerken soll neu beginnen. „Es gibt eine weiße Landkarte, keine Tabus“, sagte Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) am Freitag nach einer Sitzung mit zwei Ministerpräsidenten und Regierungsvertretern aus allen 16 Bundesländern. „Es geht darum, den sichersten Standort in Deutschland zu finden“, sagte Röttgen.

Dabei soll der Standort Gorleben, um den seit mehr als 30 Jahren erbittert gekämpft wird, nicht ausgeklammert werden. Röttgen stellte klar, dass die „Erkundung“ des Salzstocks in Gorleben, die im vergangenen Jahr nach einem zehnjährigen Moratorium wieder aufgenommen worden war, beendet werden soll. Dann solle eine Standortvergleich stattfinden. Röttgen beteuerte, das sei keine Vorfestlegung auf den Standort Gorleben. Der niedersächsische Ministerpräsident David McAllister (CDU) lobte, dass die Endlagersuche nun „geöffnet“ werde. Sein Stuttgarter Kollege Winfried Kretschmann (Grüne) betonte, dass mit dem am Freitag vereinbarten Suchverfahren „niemand aus seiner nationalen Verantwortung“ entlassen werden solle, deshalb bleibe Gorleben bis zum Beweis mangelnder Eignung dabei. So hätten es die 16 Ministerpräsidenten auch einstimmig beschlossen, sagte er.

Dass die Erkundung in Gorleben nicht sofort beendet und der Salzstock aus dem Kreis möglicher Endlagerstandorte entfernt wird, stieß bei der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg auf Protest. „Pünktlich zum Karnevalsbeginn“ verkünde Röttgen einen Neubeginn, doch so lange es keinen Baustopp in Gorleben gebe, sei das unglaubwürdig. Das sieht die Umweltorganisation Greenpeace genauso, die am Freitag ein entsprechendes Transparent am Umweltministerium in Berlin angebracht hatte. Auch die grüne Europaabgeordnete Rebecca Harms sieht durch die Wiederaufnahme der Erkundung im vergangenen Jahr den „Weg zum Konsens verrammelt“. Für die SPD plädierten Fraktionsvize Ulrich Kelber und die Obfrau im Gorleben-Untersuchungsausschuss Ute Voigt dafür, Gorleben als Standort fallen zu lassen.

Dennoch sieht Winfried Kretschmann zumindest die Grünen hinter sich in der Endlagerfrage. Tatsächlich hat die grüne Bundestagsfraktion vor kurzem ein Endlagerpapier ihrer atompolitischen Sprecherin Sylvia Kotting-Uhl beschlossen, in dem eine neue Endlagersuche verlangt wird, und ein Bekenntnis zu einem Endlager auf deutschem Boden in tiefen geologischen Schichten abgegeben wird. Auf eine gesonderte Erwähnung von Gorleben verzichtet das Papier.

Bund und Länder wollen noch im November eine Arbeitsgruppe bilden, an der neben Baden-Württemberg und Niedersachsen auch Bayern, Nordrhein- Westfalen, Sachsen, Hessen, Rheinland- Pfalz und Schleswig-Holstein als Vorsitz der Ministerpräsidentenkonferenz beteiligt sein werden. Im kommenden Monat will sich Röttgen erneut mit allen Ländern treffen, um grundlegende Kriterien an einen möglichen Endlagerstandort zu beraten. Bis Mitte 2012 soll ein Endlagersuchgesetz-Entwurf vorliegen. Röttgen und die Ministerpräsidenten betonten, dass die Bevölkerung von Anfang an in die Diskussion einbezogen sein soll. Der Prozess werde „transparent und wissenschaftsbasiert“ sein, versprach Röttgen. Kretschmann betonte, dass für die Endlagerfrage ein nationaler Konsens notwendig sei, „der auch einen Regierungswechsel übersteht“.

Dagmar Dehmer

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