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Soldaten der Bundeswehr steigen auf dem usbekischen Stützpunkt Termez in eine Transall-Maschine.
© Rainer Jensen/dpa

Deutschland und der Afghanistan-Einsatz: Neuer Geheimvertrag mit Usbekistan

Deutschland nutzt auch für die neue Afghanistan-Mission einen Stützpunkt im usbekischen Termez – doch die Details des Vertrages sind geheim. Das Regime in Usbekistan lässt sich die Basis teuer bezahlen.

Der Vertrag, über dessen Inhalt die Öffentlichkeit nichts wissen soll, wird am 1. September vergangenen Jahres in der usbekischen Hauptstadt Taschkent unterzeichnet. Das Abkommen sichert der Bundeswehr die weitere Nutzung des Stützpunktes im usbekischen Termez für den Afghanistan-Einsatz. Vier Jahre zuvor war der damalige deutsche Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg nach Taschkent gereist, um ein entsprechendes Regierungsabkommen zu unterzeichnen. Über die Details der alten Vereinbarung und auch des nun unterzeichneten Änderungsprotokolls schweigt die Bundesregierung. Die usbekische Seite habe „auf vertraulicher Behandlung bestanden“, heißt es im Verteidigungsministerium. Allerdings profitiert auch die Bundesregierung von der Geheimhaltung des Abkommens, das die Zusammenarbeit Deutschlands mit einer der schlimmsten Diktaturen der Welt belegt.

Für den Afghanistan-Einsatz markiert der 1. Januar einen Einschnitt. Die von der Nato geführte Isaf-Misson ist nach 13 Jahren zu Ende, an ihre Stelle tritt die Mission „Resolute Support“. Sie soll kein Kampfeinsatz mehr sein, sondern der Ausbildung und Beratung der afghanischen Streitkräfte dienen. Beteiligt sind 12500 Soldaten aus 40 Staaten, bis zu 850 Bundeswehrsoldaten können dabei sein. Der Stützpunkt im usbekischen Termez war für die Deutschen seit 2002 von zentraler Bedeutung. Jahrelang musste jeder Bundeswehrsoldat, der auf dem Weg nach Afghanistan war, in Termez einen Zwischenstopp machen. Dort stiegen die Soldaten von einem Airbus in eine gut geschützte Transall-Maschine um und flogen ins nahe Masar-i-Scharif.

Schwere Menschenrechtsverletzungen in Usbekistan

Deutschland ist der einzige Nato-Staat, der einen Stützpunkt in Usbekistan nutzt. Die USA zogen sich nach dem Massaker im usbekischen Andischan 2005 aus dem Land zurück. Dort hatten Sicherheitskräfte das Feuer auf Demonstranten eröffnet und mehrere hundert Menschen getötet. „In Usbekistans Gefängnissen sitzen heute Tausende wegen politisch motivierter Vorwürfe“, sagt Steve Swerdlow von Human Rights Watch. Die Menschenrechtsorganisation dokumentierte die Fälle von 34 bekannten politischen Gefangenen. Die meisten von ihnen berichteten über Folter. Selbst nach Ablauf der Haftzeit kommen viele nicht frei. Einem Oppositionellen, der seit 1994 in Haft ist, wurde die Entlassung verwehrt, weil er in der Gefängnisküche „Möhren falsch geschält“ habe. Das zentralasiatische Land wird seit dem Ende der Sowjetunion von Staatschef Islam Karimow diktatorisch regiert. „Die problematische Menschenrechtslage wird regelmäßig von Deutschland bilateral, im EU-Rahmen sowie in Foren internationaler Organisationen thematisiert“, sagt ein Sprecher des Verteidigungsministeriums.

Kein anderes Land nutzt Stützpunkt in Zentralasien für Einsatz

Der Übergang zu einer deutlich kleineren Mission in Afghanistan hätte für Deutschland die Chance sein können, die heikle Zusammenarbeit mit Usbekistan zu überdenken. Tatsächlich prüfte das Verteidigungsministerium Alternativen zu Termez, beispielsweise in Tadschikistan oder der Golfregion. Am Ende entschied man sich doch für Usbekistan – besonders wegen der Möglichkeit, „auch mit ungeschützten Luftfahrzeugen der Bundeswehr möglichst nah an das Einsatzgebiet heranzufliegen“. Es gehe um den Schutz der Soldatinnen und Soldaten, wird in Berlin betont. Dagegen haben die anderen an „Resolute Support“ beteiligten Länder keine Stützpunkte in der Region. Die USA mussten ihre Basis im kirgisischen Manas aufgeben und nutzten bereits für den Truppenabzug aus Afghanistan einen Stützpunkt in Rumänien.

Anders als früher starten und landen deutsche Maschinen nicht mehr täglich in Usbekistan: „Seit Oktober 2014 wird Termez nicht mehr regelmäßig genutzt, ist aber bei Lageverschärfungen in Afghanistan als Ausweichlösung mit den beschriebenen Vorteilen weiterhin zu erhalten“, sagte der Ministeriumssprecher.

Deutschland zahlte Usbekistan bisher rund 16 Millionen Euro im Jahr

Diese Notfalloption lässt sich das Regime in Usbekistan offenbar teuer bezahlen – wie schon die bisherige Nutzung des Stützpunkts: Guttenberg sagte Usbekistan 2010 eine Zahlung von 15,95 Millionen Euro pro Jahr zu. Seit 2002 dürfte Deutschland an das usbekische Regime deutlich mehr als 120 Millionen Euro gezahlt haben. Mit diesem Geld wird keineswegs die Infrastruktur des Stützpunktes finanziert – die zahlt die Bundesregierung extra: Seit 2002 seien 20,4 Millionen Euro für die „Herstellung und Instandhaltung der Flugbetriebsfähigkeit sowie Nutzbarmachung bestimmter Teile des Flughafengeländes“ aufgewendet worden, teilte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums mit. Und versichert zugleich, der Ausbau der Infrastruktur beschränke sich „auf das notwendige Minimum“. Dabei hatten beide Länder 2006 eine Kostenobergrenze von acht Millionen Euro für die Infrastruktur vereinbart.

Wie viel Geld Deutschland an Usbekistan nun gemäß der neuen, unbefristeten Vereinbarung überweist, will die Bundesregierung unter Berufung auf die vereinbarte Vertraulichkeit nicht sagen. Dass der Preis gesunken sein könnte, gilt als unwahrscheinlich. Russischen Medienberichten zufolge soll Usbekistan sogar eine noch höhere Summe verlangt haben.

Claudia von Salzen

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