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Politik: Der Preis der Zusammenarbeit

Deutschland zahlt dem diktatorischen Regime in Usbekistan Millionen für die Nutzung eines Flugplatzes

Berlin - Über diesen Partner redet man in Berlin nicht gern. Seit neun Jahren nutzt die Bundeswehr einen Flugplatz im usbekischen Termes als Drehkreuz für den Einsatz in Afghanistan – jeder Soldat macht auf dem Weg dorthin in Usbekistan Station. Im April vergangenen Jahres reiste der damalige Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg nach Taschkent und schloss einen neuen Vertrag über die Nutzung des Stützpunktes. Zu den Inhalten und vor allem den vereinbarten Kosten wollten damals weder das Verteidigungsministerium noch das Auswärtige Amt Auskunft geben.

Das Schweigen hat seine Gründe: Usbekistans Staatschef Islam Karimow gilt als einer der schlimmsten Diktatoren der Welt, Regimekritiker werden inhaftiert und gefoltert. Nach dem Massaker in der usbekischen Stadt Andischan im Jahr 2005, bei dem Hunderte getötet worden waren, gab es keine unabhängige Untersuchung. Die Europäische Union verhängte wegen des Massakers Sanktionen gegen das usbekische Regime. Auf Betreiben der Bundesregierung wurden die Sanktionen 2008 aufgehoben, obwohl das Land die von der EU gestellten Bedingungen nicht erfüllt hatte. Die USA, die nach Andischan massive Kritik an der usbekischen Führung geäußert hatten, mussten ihren Stützpunkt im Land aufgeben. Die Deutschen durften bleiben.

Am Dienstag kam Usbekistans Vize-Außenminister Wladimir Norow zu Konsultationen nach Berlin. Bei seinen Gesprächen dürfte es auch um Termes gehen. Erst vor wenigen Wochen ist bekannt geworden, wie viel Deutschland gemäß dem neuen Vertrag für den Stützpunkt zahlt – 15,95 Millionen Euro jährlich. Im Januar wurde diese „Ausgleichszahlung“ an das usbekische Finanzministerium überwiesen. Damit verlangt die usbekische Regierung nun deutlich mehr als früher. Im Jahr 2009 hatten die „einsatzbedingten Zusatzausgaben" für Termes noch bei 12,2 Millionen Euro gelegen – in dieser Summe sind allerdings auch Auslandszuschläge für deutsche Soldaten enthalten. Dass es nun eine zusätzliche Ausgleichszahlung gibt, lege nahe, dass es „einen gewissen Druck seitens der usbekischen Regierung“ gegeben habe, sagt der Zentralasien-Experte Michael Laubsch, Leiter der Eurasian Transition Group in Bonn. Insgesamt flossen seit 2002 knapp 70 Millionen Euro nach Usbekistan, für die Infrastruktur, Miete oder Bewachung des Lagers durch „usbekische Dienstleister“, wie es das Bundesverteidigungsministerium formuliert. Der Stützpunkt wird von usbekischen Sicherheitskräften bewacht.

Bei Norows Besuch in Berlin stünden auch Menschenrechtsthemen auf der Tagesordnung, heißt es im Auswärtigen Amt. Kritiker wie die Grünen-Bundestagsabgeordnete Viola von Cramon bemängeln jedoch, dass dieser Dialog zu nichts führe. „Die Bundesregierung verfolgt eine Politik des Stillhaltens und macht sich dadurch mitschuldig daran, dass in Usbekistan bei den Menschenrechten nicht einmal Mindeststandards eingehalten werden“, sagt die Abgeordnete.

Der Bundesregierung ist offenbar längst bewusst, dass mit der Unterstützung für Usbekistan keineswegs eine Demokratisierung des Landes einhergehen würde: Die Usbeken wollten mehr Kooperation im Kampf gegen den Terror, notierte die US-Botschaft in Taschkent im Mai 2007 nach einem Gespräch mit dem deutschen Botschafter. „Ihr Ansatz bei der Zusammenarbeit ist, dass die deutsche Ausrüstung und das Geld willkommen sind, aber deutsche Werte bei solchen Dingen wie dem Respekt für Menschenrechte nicht“, heißt es in der von Wikileaks veröffentlichten Depesche.

Dabei gibt es nach Ansicht von Experten durchaus Alternativen zum Standort Termes und zur Zusammenarbeit mit dem Regime. „Solange es in Usbekistan keine substantiellen Veränderungen im Bereich Demokratie und Menschenrechte gibt, sollte Deutschland seine Beziehungen mit dem Land auf ein Minimum beschränken und ernsthaft nach Alternativen zu Termes suchen“, sagt Laubsch.

Claudia von Salzen

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